Metastasen

Brustkrebs ist in den meisten Fällen eine Erkrankung, die zunächst auf eine Körperregion, nämlich die Brust, beschränkt ist.  Tumorzellen können über die Lymphgefäße oder das Blut auch in andere Organe wandern, wo sie sich ansiedeln, vermehren und Tochtergeschwülste, sogenannte Metastasen ausbilden. Nach Auskunft der Deutschen Krebsgesellschaft streut der Krebs bei etwa 20 Prozent der Brustkrebspatientinnen trotz Behandlung in andere Körperregionen. Bei manchen Patientinnen - etwa 7 Prozent der Betroffenen - sind bereits dann, wenn Brustkrebs erstmalig diagnostiziert wird, Tochtergeschwülste - sogenannte Fernmetastasen -  in anderen Organen vorhanden. Metastasen treten häufig in den Knochen, der Leber und der Lunge auf.  Aber auch weiter entfernte Lymphknoten, das Gehirn, das Lungenfell oder andere Gewebe können betroffen sein.


Im metastasierten Stadium kann die Brustkrebserkrankung mit den derzeit zur Verfügung stehenden Therapien nicht mehr vollständig geheilt werden, da weiterhin Tumorzellen im Körper verbleiben und dort aktiv werden können. Die Medizin spricht dann von einer chronischen Erkrankung, die zwischenzeitlich besser behandelbar ist. Ziel der Therapie ist, das Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern, den sogenannten Progress aufzuhalten und Symptome zu lindern, um den Betroffenen ein längeres Leben mit guter Lebensqualität zu ermöglichen.


Die gute Nachricht: Im Vergleich zu anderen Krebserkrankungen ist es der Forschung bei Brustkrebs zwischenzeitlich gelungen, die Erkrankung zu enträtseln und neue, effektive und zielgerichtete Therapieoptionen zu entwickeln.


Die behandelnden Ärzte planen die Therapie in der metastasierten Situation so, dass die Behandlung möglich exakt auf die jeweilige Patientin und die besonderen Merkmale der Tumorzellen abgestimmt ist. Anhand einer Gewebeprobe  lassen sich im Labor die biologischen und genetischen Eigenschaften der Metastasen bestimmen. Auch mittels einer Flüssig-Biopsie (liquid biopsy) lassen sich die besonderen Merkmale  von Tumorzellen beschreiben. Nach der Blutentnahme wird dafür das Blutplasma untersucht.  Oft unterscheiden sich Krebszellen der Metastasen von denen des Primärtumors in der Brust. Die Zellen des Ursprungstumor können z.B. hormonempfindlich sein, die Tumorzellen in den Metastasen sind es nicht. Auch der umgekehrte Fall ist möglich: Die Krebszellen der Tochtergeschwulste reagieren sensibel auf Hormone, der Primärtumor wies aber keine "Hormonantennen" auf. Die gewählte Therapie hängt dann von den jeweiligen Merkmalen der Tumorzellen ab.


Es gibt zwei unterschiedliche Therapieansätze: die lokale und die systemische Behandlung. Lokale Methoden - Bestrahlung, Operation - wirken an dem Ort, an dem die Metastasen vorhanden sind. Die Verfahren eignen sich eher zur Behandlung einzelner Tochtergeschwulste. Eine Bestrahlung eignet sich zur Behandlung von Knochen- , Haut-, Weichteil oder auch Hirnmetastasen. Tumore in den inneren Organen (Lunge, Leber) lassen sich mit modernen Techniken operativ entfernen (Cyber-Knife, Chemo-Embolisation). Bei Hautmetastasen kann eine lokale Chemotherapie mit einer speziellen Salbe zum Einsatz kommen.


Im Allgemeinen wird die Erkrankung in der metastasierten Situation mit Medikamenten systemisch  behandelt. Die eingesetzten Medikamente greifen die Krebszellen in den Metastasen und auch die Tumorzellen an, die vielleicht noch im ganzen Körper verstreut sind, um sie außer Gefecht zu setzen. Die jeweiligen Medikamente  werden allein (als Monotherapie) oder in verschiedenen Kombinationen angewandt. Zu diesen Therapievarianten zählen:


  •  Anithormontherapie (endokrine Therapie)
    Sie kommt immer dann zum Einsatz, wenn die Krebszellen über Empfangsantennen (Rezeptoren) für die Hormone Östrogen und/oder Progesteron verfügen (hormonrezeptor-positiver Brustkrebs). Für die Behandlung stehen unterschiedliche Wirkstoffgruppen zur Verfügung: 
  • Selektive Östrogen-Rezeptor-Modulatoren (SERM) wie z.B. Tamoxifen
  • Selektive Östrogen-Rezeptor-Degrader (SERD) z.B.Fulvestrant und Elacestrant - die Substanzen bauen den Östrogen-Rezeptor ab
  • Aromatasehemmer z.B. Letrozol, Anastrozol, Exemestan); Wirkstoffe aus der Gruppe der GnRH-Analoga. 
  • Die Anti-Her2-Therapie
    Mit dieser Behandlung wird der humane epidermale Wachstumsfaktor HER2 beeinflusst. Die Therapie mit den Wirkstoffen Trastuzumab und Pertuzumab eignet sich nur dann, wenn die Krebszellen sehr viele HER2-Rezeptoren besitzen (HER2-positiv).
  • Chemotherapie:
    Bei dieser Therapiealternative werden unterschiedliche Chemotherapeutika - oft auch in Kombination verschiednener Substanzen zwecks Erhöhung der Wirksamkeit - eingesetzt
  • Antikörper-Wirkstoff-Konjugate (ADC)
    Diese noch vergleichsweise "junge" Behandlungsmethode besteht aus der Kombinaktion eines Antikörpers, der mit einem Zytostatikum verbunden ist. Der Antikörper wirkt dabei als eine Art Katalysator, der die chemotherapeutische Substanz direkt in das Zellinnere schleust, wo diese dann Krebszellen abtötet.
  • Substanzen, die die Knochen schützen
    Zur Stabilisierung der Knochen werden bei Knochenmetastasen Bisphosphonate und der Wirkstoff Denosumab eingesetzt.  Die Substanzen  hemmen den krankhaften Abbau der Knochensubstanz, stabilisieren die Knochen und verhindern Knochenbrüche
  • Schmerzmedikamente
    Häufig treten bei Knochenmetastasen Schmerzen auf. Nach Art und Intensität der Schmerzen werden zur Linderung der Beschwerden nach dem Stufenschema der WHO unterschiedliche Schmerzmittel eingesetzt. Laut den WHO-Vorgaben beginnt die schmerzmedizinische Behandlung mit nicht-opioidhaltigen Medikamenten, es folgen schwach- und dann stark-wirksame Opioide. Bei starken Beschwerden kann die Schmerzbehandlung auch sofort auf einer höheren Stufe einsetzen.

Die Behandlungsdauer sind Wirksamkeit und Verträglichkeit entscheidend.  Manche Medikamente verlieren nach einiger Zeit die erwünschte Wirkung. Dann müssen und können neue Behandlungskonzepte entwickelt werden.

Inzwischen Patientinnen mit fortgeschrittenem und metastasiertem Brustkrebs auch mit weiteren zielgerichtet wirkende Medikamenten (engl. „targeted therapy“) behandelt werden, die ebenfalls systemisch wirken. Diese neuen Substanzen werden häufig mit einer Chemotherapie kombiniert. Hier die wichtigsten Substanzen:


  • Tyrosinkinasehemmer  

Diese Substanzen schalten unterschiedliche Signalwege im Innern der Zellen aus, so dass die Zellteilung ausbleibt.und verhindern so die Vermehrung der Krebszellen.  Zu diesen Wirkstoffen zählen Lapatinib, Neratinib und Tucatinib. Die Therapie in Tablettenform kann dann zum Einsatz kommen, wenn die Krebsaktivität bei einem HER2-positiven Brustkrebs trotz einer Anti-HER2-Therapie nicht gestoppt werden kann.

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  • Angiogenesehemmer  

Tumoren benötigen für ihr Wachstum die Versorgung über Blutgefäße. Sogenannte Angiogenesehemmer sorgen dafür, dass keine neuen Blutgefäße zum Tumor entstehen. Die Krebszellen werden damit von der Sauerstoff-und Nährstoffversorgung abgekloppelt, so dass der Tumor auf Grund des Lieferengpasses nicht weiterwachsen kann. Im Verlauf der Behandlung wird der Wirkstoff Bevacizumab, der zu den Angiogenesehemmern zählt, dem Organismus über eine Infusion über die Vene zugeführt.


  • mTOR-Hemmer  

Mit dieser Behandlungsalternative wird das Eiweiß "mTor", das für das Zellwachstum verantwortlich ist, durch spezielle Medikamente außer Gefecht gesetzt. Substanzen wie z.B. Everolismus, die in Tablettenform verabreicht werden,bremsen bei Patientinnen mit hormonrezeptor-positivem Brustkrebs das Zellwachstum.

 

  • CDK4/6-Hemmer  

Diese Substanzen verhindern die Aktivität  bestimmter Enzyme, der sogenannten Cyclin-abhängigen Kinasen (CDK) 4 und 6, die die Zellteilung regulieren. Dadurch lässt sich das Wachstum des Tumors verlangsamen bzw. bremsen. Die Wirkstoffe Palbociclib, Ribociclib und Abemaciclib zählen zu den CDK 4/6 Hemmern. Diese können bei Patientinnen mit hormonrezeptor-positivem Brustkrebs die Dauer der Wirksamkeit der antihormonellen Behandlung verlängern, da sie das Auftreten der sogenannten Reistenz - der Unempfindlichkeit für eine Subsanz - verzögern. Die Medikamente werden in Tablettenform zusammen mit anderen Substanzen eingenommen.


  • PARP-Hemmer

Frauen mit HER2-negativem Brustkrebs und einer Veränderungen der Brustkrebsgene BRCA 1 und BRCA 2 profitieren von einer Behandlung mit einem PARP-Hemmer. Zu den Wirkstoffen aus dieser Gruppe gehören die Substanzen Olaparib und Talzoparib, die als Tablette eingenommen werden.

Wirkstoffe aus der Gruppe der PARP-Hemmer sind zum Beispiel Olaparib und Talazoparib.


  • Immun-Checkpoint-Hemmer

Anders als viele andere Medikamente richten sich die Immun-Checkpoint-Hemmer nicht gegen die Krebszellen selbst. Sie sollen vielmehr dafür sorgen, dass das körpereigene Immunsystem auf "scharf" gestellt wird, so dass das Abwehrsystem Krebszellen von sich aus identifizieren und ausschalten kann.

Eine solche Therapie mit den Wirkstoffen Atezolizumab und Pembrolizumab kommt für Frauen mit triple-negativem Brustkrebs in Frage. Der Tumor muss allerdings eine bestimmte Menge des Proteinns PD-L1 aufweisen.  Die Behandlung erfolgt als Infusion über die Vene.


  • PIK3CA-Inhibitor  

Für Frauen mit metastasiertem Brustkrebs, bei denen eine PIK3CA-Mutation nachgewiesen wurde, steht als Behandlungsoption auch der Wirkstoff Alpelisib zur Verfügung. Hierbei handelt es sich um einen sogenannten PIK3CA-Hemmer, der bestimmte Enzyme - die sogenannten Phosphoinositid-3-Kinasen (PI3K - im Schach hält, die für das Zellwachstum verantwortlich sind und den Zelltod verhindern. Das Medikament ist seit 2021 in Deutschland allerdings nicht mehr erhältlich, kann aber nach ärztlicher Verordnung aus dem europäischen Ausland bezogen werden. Allerdings sollte die Kostenübernahme durch die Krankenkasse in jedem Fall vorab geklärt werden.