Erblicher Brustkrebs

Brustkrebs ist bei den meisten Betroffenen eine Erkrankung ohne genetische Vorgeschichte - also eine erbliche Vorbelastung. Bei einem Drittel aller Patientinnen deutet jedoch etwas daraufhin, dass Brustkrebs in den Genen liegen könnte. Allerdings ist nur bei einem kleinen Teil der Betroffenen mit familärer Vorbelastung ist eine vererbliche Änderung der Risiko-Gene BRCA1 und BRCA2 für die Erkrankung ursächlich.


Frauen und Männer, die den Verdacht haben, dass bei ihnen einen erbliche Vorbelastung gegeben ist, können sich in einem der Zentren für familiären Brust-und Eierstockkrebs kostenfrei beraten lassen. Je nachdem, wie das Gespräch verläuft, kann im Anschluss ein Gentest auf Risiko-Genveränderungen erfolgen, um Gewissheit zu schaffen.  Der Test sollte zunächst bei dem Familienmitglied durchgeführt werden, dass erkrankt ist.


Gesunde Frauen, die erblich vorbelastet sind, haben zudem die Möglichkeit, an der speziellen engmaschigen Brustkrebsfrüherkennung teilzunehmen. In manchen Fällen ist auch eine vorbeugende Operation (präventive Entfernung des Brustdrüsengewebes wie bei Angelica Jolie) eine Alternative.

Genetische Disposition für Brust- und Eierstockkrebs

Vielleicht kennen Sie auch Familien, in denen Krebserkrankungen nicht nur bei einem Familienmitglied, sondern bei vielen und in fast jeder Generation auftreten. Etwa ein Drittel der Brustkrebspatientinnen berichtet, dass es in ihrer Famile weitere Personen gibt, die an Brust- oder Eierstockkrebs erkrankt sind. Das kann ein Zufall sein, da Brustkrebs bei Frauen insgesamt sehr häufig auftritt. Es kann aber auch ein Hinweis für eine erbliche Veranlassung sein - insbesondere dann, wenn die Krebserkrankung in jüngeren Lebensalter als üblich und erwartet auftritt oder die betroffene Person gleich zweimal an Brustkrebs oder an Brust- und Eierstockkrebs erkrankt.


Ursache für eine genetische Disposition der Brust- oder Eierstockerkrankung ist in den meisten Fällen eine Veränderung der Hochrisiko-Gene BRCA1 und BRCA 2. Neben diesen beiden Genen sind mittlerweile auch weitere sogenannte Risiko-Gene bekannt. Hinzu kommen Hunderte von Niedrig-Risikogene, die das Erkrankungsrisiko ebenfalls beinflussen können. Veränderungen in den Risikogenen, die die Entstehung von Krebs fördern, lassen sich durch einen Gentest nachweisen, bei dem viele Gene gleichzeitig untersucht werden (Genpanels).


Welche Auswirkungen haben Veränderungen der Risikogene? Durch Studien ist zwischenzeitlich belegt, dass 70 von 100 Frauen mit einer BRCA1 oder BRCA2 Mutation (Änderung) bis zu ihrem 80. Lebensjahr an Brustkrebs erkranken. Das Erkrankungsrisiko für Eierstockkrebs liegt bei Frauen mit BRCA1 Mutation bei 45 Prozent, bei einer BRCA2 Mutation bei 20 Prozent. Auch für Männer, bei denen eine Genmutation nachweisbar ist, erhöht sich das Brustrisiko - insbesondere bei einer BRCA2-Veränderung. Dadurch steigt auch die Wahrscheinlichkeit, bereits in jungem Lebensalter an einem Prostatakarzinom zu erkranken.

Gentest - ja oder nein?

Ein Gentest ist immer eine Untersuchung, deren Ergebnis für das weitere Leben große Bedeutung haben kann. Deshalb sollte dieser Test nur dann durchgeführt werden, wenn bestimmte Voraussetzungen gegebn bzw. Kriterien erfüllt sind. Das Deutsche Konsortium für Familiären Brust- und Eierstockkrebs empfiehlt zurzeit einen Test auf eine BRCA-Genveränderung dann, wenn auf einer Familienseite mindestens


  •  drei Frauen unabhängig vom Alter an Brustkrebs erkrankt sind
  • zwei Frauen an Brustkrebs erkrankt sind, eine davon vor dem 51. Geburtstag.
  • eine Frau an Brustkrebs und eine Frau an Eierstockkrebs erkrankt sind oder eine Frau an beidem erkrankt ist.
  • zwei Frauen unabhängig vom Alter an Eierstockkrebs erkrankt sind.
  • eine Frau vor dem 36. Geburtstag an Brustkrebs erkrankt ist.
  • eine Frau an beidseitigem Brustkrebs erkrankt ist, zum ersten Mal vor dem 51. Geburtstag.
  • ein Mann an Brustkrebs erkrankt ist.

Sofern eine eine Frau vor ihrem 60. Geburtstag an triple-negativem Brustkrebs oder vor ihrem 80. Geburtstag an Eierstockkrebs erkrankt, lautet die Empfehlung ebenfalls: Bitte testen.


Wichtig zu wissen: Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Kosten für den Gentest, wenn mindestens eins der genannten Kriterien erfüllt ist. Und: Es gibt keine Verpflichtung zur Testung - Sie allein entscheiden, ob Sie sich testen lassen möchten.

Wie funktioniert der Test?

Die Genanalyse erfolgt auf Grundlage des Blutes. Dafür ist lediglich eine Blutentnahme erforderlich. Mögliche Veränderungen der Risikogene lassen sich im Erbgut der im Blut vorhandenen Zellen im Labor nachweisen. Bis die Resultate der Untersuchung vorliegen, können einige Wochen vergehen. 

Sobald die Untersuchungsergebnisse vorliegen, werden Sie in einer persönlichen Beratung in einem der spezialisierten Zentren mit den Betroffenen besprochen.


Häufig untersucht man zunächst die Risiko-Gene eines Familienmitglieds, das bereits erkrankt ist (sogenannte Index-Person). Lässt sich hier eine Mutation der Risiko-Gene nachweisen, deutet dies mit hoher Wahrscheinlichkeit darauf hin, dass eine erbliche Belastung in der Familie vorhanden ist.


Sofern eine solche Genveränderung vorliegt, kann dann acuh bei anderen Mitgliedern der Familie gezielt gesucht werden. Dabei wird zwischenzeitlich immer häufiger zusätzlich auch der Polygenic Risk Score (PRS) mitbestimmt. Im Verlauf dieser Panel-Untersuchung wird auch nach Genverönderungen gesucht, die für sich allein kaum Auswirkungen haben, im Zusammenspiel aber das Brustkrebsrisiko beeinflussen und erhöhen.

Testergebnisse und Konsequenzen

Der Gentest auf familiären Brust-und Eierstockkrebs bringt Gewissheit, ob eine Genveränderung vorliegt, die Ihr Erkrankungsrisiko erhöht. Fällt der Test positiv aus, wird also eine Hochrisiko-Genveränderung nachgewiesen, haben Sie wirksame Möglichkeiten, das Erkrankungsrisiko zu senken.


Sofern in Ihrer Familie eine Genmutation vorkommt, die bei Ihnen persönlich aber nicht nachgewiesen wurde, können Sie sicher sein, dass Ihr Krebsrisiko nicht erhöht ist. Allerdings kann es auch vorkommen, dass der Test keine absolut zuverlässigen Ergebnisse im Hinblick auf eine erbliche Belastung liefert. In diesem Fall ist eine engmaschigere Früherkennung zu empfehlen.


Wenn sich im Test eine Risiko-Genveränderung nachweisen lässt, gibt es für gesunde Frauen mit BRCA1/2 Mutation unterschiedliche Möglichkeiten, ihr Risiko zu senken:


  • Teilnahme an den engmaschigen Früherkennungsprogrammen der Zentren für familiären Brust- und Eierstockkrebs (je früher Brustkrebs erkankt wird, desto besser ist er behandelbar). Leider gibt es momentan kein entsprechendes Früherkennungsprogramm für Eierstockkrebs bzw. die Brustkrebsfrüherkennung bei Männern.

  • Vorbeugende Operationen, bei der beide Brustdrüsen entfernt werden, sowie eine frühzeitige Entfernung von Eierstöcken und Eileitern.Hierdurch reduziert sich das Erkrankungsrisiko für Brust-und Eierstockkrebs bei den Betroffenen deutlich.

Wichtig: Auch für Frauen, die bereits erkrankt sind, ist es hilfreich zu wissen, ob eine Risiko-Genveränderung vorliegt. Denn auch für sie könnten die genannten operativen Präventionsmaßnahmen in Frage kommen. Zudem lässt sich die medikamentöse Therapie optimieren, weil zwischenzeitlich
mittlerweile zielgerichtete Therapien bei BRCA1- oder BRCA2-Mutationsträgerinnen eingesetzt werden können.