Tumoreigenschaften - Grading
Das entnommene Tumorgewebe wird eingehend untersucht, um die Eigenschaften des Tumors zu bestimmen und das weitere therapeutische Vorgehen passgenau und zielgerichtet festzulegen.Die histologische Typisierung erfolgt auf Grundlage der WHO-Klassifikation. Dabei unterscheidet man zwischen invasiven (ins Gewebe wachsenden) Tumoren und nicht invasiven Brustkrebs (dieser verbleibt in der Brustdrüse.
Brustkrebs zeigt unter dem Mikroskop viele unterschiedliche Unterscheidungsformen. Die bekanntesten und häufigsten sind das invasive duktale Mamma-Karzinom, das von den Milchgängen ausgeht und das invasive lubuläre Mamma-Karzinom, dass sich in den Drüsenläppchen bildet.
Daneben gibt zahlreiche weitere Typisierungen, die vom Pathologen im Befund benannt und beschrieben werden. Das Grading (englisch to grade = einstufen) beschreibt, wie sehr sich das Tumorgewebe von normalen Brustgewebe unterscheidet. Je ähnlicher die Tumorzellen gesunden Zellen sind, desto günstiger ist die Prognose. Pathologen untersuchen die Zellen nach den Kriterien: Architektur, Gestalt und Größe der Zellen, Zellteilungsrate.
Das sogenannte Grading (G) bewertet den Differenzierungsgrad des Tumors und die Zellteilungsrate
- G1 = gut differenziert, langsam wachsend, dem normalen Brustgewerbe sehr ähnlich
- G2 = mäßig differenziert, aber größere Unterschiede zum normalen Brustdrüsengewebe als bei G1
- G3 = schlecht differenziert, rasch wachsend, hat kaum mehr Ähnlichkeit mit normalem Brustdrüsengewebe
- G4 = undifferenziert, Ursprungsgewebe nicht mehr erkennbar
Tumoreigenschaften - Tumorgröße
Die Größe eines Tumors lässt sich meist schon vor der Operatione mit bildgebenden Verfahren wie Ultraschall, Mammographie, Tomosynthese oder MRT erkennen. Die exakte Größenbestimmung nimmt der Pathologe auf Grundlage während der Operation entnommenen Gewebes vor. Die Größenbestimmung in der Bildgebung wird mit der Abkürzung "ct" (clinical Tumorgröße) gekennzeichnet, die pathologische Kennzeichnung trägt das Kürzel "pt".
Im Hinblick auf die Tumorgröße unterscheidet man folgende Stadien:
- T0 = kein Tumor nachweisbar
- Tis = In-Situ-Karzinom (Vorstufe) nicht invasiv
- T1mic = Mikroinvasion bis 0,1 cm
- T1a = Tumor bis 0,5 cm
- T1b = Tumor 0,5-1 cm
- T1c = Tumor 1-2 cm
- T2 = Tumor 2-5 cm
- T3 = Tumor größer 5 cm
- T4 = Infiltration von Haut oder Brustwand (d. h. Rippen, Muskulatur zwischen den Rippen) oder „inflammatorisches Karzinom“ (entzündungsähnliche Ausbreitung)
Tumoreigenschaften Nodal-Status
Ein weiterer wichtiger Prognosefaktor ist der Lymphknotenstatus. Dieser gibt an, ob und wenn ja, wie viele Lymphknoten in der Achselhöhle bereits Krebszellen aufweisen. Untersucht wird zunächst der sogenannte Wächterlymphknoten (Sentinel). Hierbei handelt es sich um den Lymphknoten, der im Abflussgebiet der Lymphflüssigkeit an vorderster Stelle ist. Sofern sich hier Krebszellen finden, werden häufig weitere Lymphknoten für die Untersuchung entnommen.
Die Zuordnung zum sogenannten Nodal-Status (lat. nodal = Knoten) erfolgt nach einem vierstufigen Schema:
- N0 = Lymphknoten tumorfrei
- N1 = 1 bis 3 befallen Lymphknoten in der Achselhöhle, die größer als 0,2mm, aber nicht größe als 0,2cm sind
- N2 = 4-9 befallene Lymphknoten in der Achselhöhle
- N3 = 10 oder mehr befallene Lymphknoten in der Achselhöhle und/oder über dem Schlüsselbein.
Tumoreigenschaften - Metastasen
Wenn der Tumor in andere Organe gestreut hat, nennt man das Metastasierung. Metastasen entstehen dadurch, dass Brustkrebszellen über die Blutgefäße udn Lymphbahnen in andere Organe gelangen. Sie teilen sich dort dann ebenfalls unkontrolliert und wachsen zu einem Tumor heran.
Häufig werden bei der Erstdiagnose im Rahmend des sogenannten Stagings (hierbei wird das Stadium der Erkrankung festgestellt) auch andere Organe untersucht (Lunge, Knochen, Leber). Diese Untersuchungen übernehmen in der Regel Internisten, Radiologen und Nuklearmediziner. Zur Diagnostik kommen im Allgemeinen Ultraschall, Knochenszintigraphie und Computer-Tomographie zum Einsatz.
Die Metastasierung des Tumors wird mit zwei Kriterien beschrieben;
- M0 = keine Fernmetastasen nachweisbar
- M1 = Nachweis von Metastasen in anderen Organen
Tumoreigenschaften - Ki 67
Das Ki67-Antigen zeigt die Zellteilungsfreudigkeit eines Tumors an. Zur Bestimmung färbt der Pathologe das Gewebe ein und kann so die Zellen im Gewebe erkennen, die sich vermehren (sogenannte Wachstumsfraktion). Die spezielle Färbung zeigt, wie schnell der Tumor wächst und ist auch bei der Beurteilung der Bös- oder Gutartigkeit eines Tumors wichtig.
Mit weiteren Verfahren kann der Pathologe feststellen: wie groß die Rückfallgefahr ist (sogenannte Genexpressionsanalysen), ob es Andockstellen für eine zielgerichtete medikamentöse Behandlung gibt (Antihormontherapie, Antikörper, Signalhemmer) ob eine Chemotherapie in diesem Fall sinnvoll und erfolgversprechend ist.
Hormonrezeptoren und Her2-Neu
Als Hormonrezeptoren bezeichnet man die Empfangsantennen von Zellen, an die Hormone andocken und ihre Botschaft an die Zelle weiteregeben können. Brustkrebszellen verfügen häufig über Antennen für die weiblichen Geschlechtshormone Östrogen und Progesteron. Beide Hormone wirken in der Zelle wie Wachstumsbeschleuniger. Verfügt ein Brusttumor über viele Hormonrezeptoren, wird er als hormonrezeptor-positiv bezeichnet. Dieser Typ von Brustkrebs wird im Allgemeinen mit einer antihormonellen Therapie behandelt, da die Tumorzellen für diese Medikamente empfänglich sind. i
Her2-Neu ist der Name eines Eiweißes (Protein), das zur Familie der so-genannten Wachstumsfaktor-Rezeptoren (epidermal growth factor receptor) gehört. Dieses Molekül befindet sich an der Oberfläche von „normalen“ Zellen der Brustdrüse, aber auch an der Oberfläche von Krebszellen. Das Protein spielt eine Rolle beim Wachstum und der Ausreifung von Körperzellen und reguliert – auch an der Brustdrüse- die normale Entwicklung der Zellen. Auch das Wachs-tum von Brustkrebszellen wird vom Her2/neu Molekül gesteuert. Im Vergleich zu normalen Zellen kann die Anzahl dieser Wachstumsrezeptoren bei Krebszellen um das zehn- bis hundertfache höher sein. Die Medizin spricht dann von einer Her2-Überexpression. Diese ist häufig mit einer gesteigerten Zahl von Her2-Genkopien im Zellkern verbunden (Genamplifikation).
Der Pathologe kann die Zahl der Her2-Neu Rezeptoren im Labor auf unter-schiedliche Art und Weise bestimmen: Mit Hilfe einer immunhistochemischen Testung (der Gewebeschnitt wird dabei mit einem Antikörper beschichtet, auf den das Her2-Neu Protein dann mit einer Immunantwort reagiert, die sich durch eine Anfärbung des Präparats sichtbar machen lässt. Andere Labore führen auch molekularbiologische Testungen durch, um die Ergebnisse noch weiter abzusichern.
Das Ergebnis zeigt dann, wie viele Rezeptoren an der Zelloberfläche nach-gewiesen können. Die Skala reicht von:
0 = eindeutig negativ, keine Überexpression
1+ = Her2 low, schwache Reaktion, weniger als 10% positive Zellen
2+ = mäßig starke Reaktion, ab 10% bis 30%, zusätzlich FISH-Test (Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung)
3+ = starke Reaktion, starke Überexpression = mehr als 30% positive Zellen
Das Her2/neu Protein ist spielt heute bei der Therapieplanung bei Brustkrebs eine sehr wichtige Rolle. Bei etwa 20 Prozent der Frauen, die an Brustkrebs erkranken, weist der Tumor eine Her2-Neu Überexpression auf. Wird eine solche Überexpression festgestellt, bezeichnet man den Tumor als „HER2-positiv“ bezeichnet. Frauen, deren Tumor HER2-neu positiv ist, profitieren von einer Antikörpertherapie mit Trastuzumab, Laptinib oder der Doppelstrangblockade mit Pertuzumab, die die Her2-neu-Rezeptoren von außen blockiert oder von innen aushungert.
Genexpressionstests - Dem Rückfallrisiko auf der Spur
So viel Therapie wie nötig – so wenig Nebenwirkung wie möglich. Das ist eines der Ziele eines der wichtigsten zielgerichteten personalisierten Brustkrebstherapie. Deshalb werden in Studien derzeit zahlreiche neue Testverfahren erprobt, mit deren Hilfe ein mögliches Rückfall- oder Metastasierungsrisiko exakter prognostiziert werden soll.
Die Forschung konzentriert sich momentan darauf, Wege zu finden, um die Eigenschaften von Krebszellen besser zu verstehen und daraus wirksame Therapiestrategien zu entwickeln. Ziel ist, auf die Frage eine Antwort zu finden: Für welche Krebsarten benötigen wir eine Therapie, für welche nicht.
Die Antwort darauf ist - das haben zahlreiche Studien zwischenzeitlich bewiesen - s u.a. in den Genen zu finden, die die Zellaktivität und die Produktion bestimmter Eiweißstoffe steuern. Inzwischen weiß die Forschung: Eine gestörte Eiweißproduktion – zu viele oder zu wenige Proteine – sind typisch für Zellen, die wie z.B. Krebszellen nicht nach Bauplan funktionieren. Die diagnostische Strategie besteht darin, Krebszellen durch den genetischen Vergleich mit gesunden Zellen zweifelsfrei identifizieren. Lässt sich ein eindeutiges Genmuster herausfinden, das die Krebszellen von normalen Zellen unterscheidet, soll das eine Vorhersage über die Eigenschaften der Tumorzellen (z.B. im Hinblick auf deren Teilungsverhalten) ermöglichen.
Schon heute stehen verschiedene Testverfahren wie Oncotype DX oder Mammaprint zur Verfügung, mit deren Hilfe die Genaktivität von Brustkrebszellen gemessen ermittelt werden soll. Die Untersuchungen sind bei einigen Tests (z.B. Mammaprint) allerdings nur mit Frischgewebe (direkt nach der Operation) und im Frühstadium der Brusterkrankung möglich (G2 kein Lymphknotenbefall). Bestimmt werden – je nach Testtyp – 20 oder 70 Gene, die als für die Entstehung von Brustkrebs identifiziert wurden. Die Tests gehören inzwischen zum diagnostischen Standard und wurden in die Behandlungsleitlinien der Fachgesellschaften aufgenommen.
Prognosefaktor Proteasen: UPA + Pai1
Auch andere Proteine (Eiweißstoffe) spielen für die Einschätzung des weiteren Krankheitsverlaufs eine Rolle. Dies sind insbesondere auch die sogenannten Proteasen – das ist die medizinische Bezeichnung für Enzyme, die dazu in der Lage sind, andere Eiweißstoffe (Enzyme, Polypetide, Proteine) zu spalten und abzubauen.
Proteasen erleichtern es den Krebszellen, in gesundes Gewebe einzudringen und neue Blutgefäße auszubilden. Sie wirken dadurch ebenfalls als eine Art „Wachstumsbeschleuniger“. Durch einen speziellen Test (uPA/PAI-1-Test) lässt sich ermitteln, wie groß der Anteil der Proteasen im Tumorgewebe ist. uPA ist der Name des Eiweißes "Urokinase-Typ Plasmogen Aktivator", PAI-1 ist dessen Gegenspieler und heißt "Plasminogen Aktivator Inhibitor 1". Beide Proteine beeinflussen die Fähigkeit eines Tumors, zu wachsen und Metastasen in anderen Organen zu bilden. Empfehlenswert ist der Test vor allem für Patientinnen, bei denen die Lymphknoten noch nicht befallen sind (N0) und der Tumor das Stadium G 2 aufweist.