Wie wird Brustkrebs behandelt?

Um das richtige Therapiekonzept für die Frau zu finden, muss im Rahmen der Voruntersuchungen das Stadium der Brustkrebserkrankung und der genomische Fingerabdruck des Krebses (Aggressivität, Neigung zur Bildung von Tochtergeschwülsten) so genau wie möglich ermittelt werden. Selbst wenn der Brustkrebs noch lokal begrenzt ist und noch keine Tochtergeschwülste abgesiedelt hat, wird der Tumor zumeist durch eine Operation entfernt. Daran schließt sich eine Kombination aus Chemo- und Strahlentherapie oder auch Behandlung mit Medikamenten an, die die hormonellen Wachstumsantennen des Tumors ausschalten, bestimmte Rezeptoren blocken, die Blutversorgung des Tumors behindern, Zellsignale hemmen und die Absiedlung von Tochtergeschwülsten verhindern sollen.


Hat der Brustkrebs bereits gestreut, ist er derzeit noch nicht heilbar. Allerdings haben sich auch hier die Überlebenschancen für die Frauen in den vergangenen Jahren deutlich verbessert. Denn durch eine gute Nachsorge lässt sich ein Wiederaufflammen der Erkrankung schon sehr früh erkennen. Die Erkrankung kann dann mit Hilfe von modernen chirurgischen und medikamentösen Behandlungsverfahren über lange Zeit in Schach gehalten werden.

Operation – Der Tumor muss entfernt werden!


Die Behandlung des Brustkrebses beginnt mit einer Operation. Dabei werden der Tumor selbst und auch das umliegende Gewebe chirurgisch entfernt. Wie viel Gewebe entnommen werden muss und ob die Brust erhalten werden kann, hängt von der Größe und Lage des Tumors ab. In den meisten Fällen kann heute brusterhaltend operiert werden (bei 70 bis 80 Prozent der Patientinnen).


Wichtig ist, so viel Brustgewebe zu entfernen, dass die Wundränder frei von Tumorzellen sind. (Im Befund des Pathologen heißt es dann: im Gesunden geschnitten).Manchmal ist es aber auch nicht möglich und auf Grund der Diagnose auch nicht ratsam, die Brust zu erhalten. Dies ist besonders beim entzündlichen Brustkrebs, sehr großen und ungünstig gelegenen Tumoren, aber häufig auch beim DCIS oder LIN der Fall und wenn mehrere Tumorherde in der Brust sind.. Wenn viel Gewebe entfernt oder die ganze Brust abgenommen werden musste (Mastektomie), kann die fehlende Brust gleich im Anschluss an den Eingriff oder später mit verschiedenen Verfahren wieder aufgebaut werden.


Noch vor einigen Jahren wurden bei einer Brustkrebsoperation immer auch die Lymphknoten in der Achselhöhle komplett entfernt. Das war notwendig, um das Erkrankungs-Stadium exakt festzustellen. Heute ist in den meisten Fällen nur noch die Entfernung des sogenannten Wächter-Lymphknotens (Sentinel-Node-Biopsie) – das ist der Lymphknoten, der am nächsten zum Brusttumor liegt – erforderlich. Stellt der Pathologe fest, dass dieser Lymphknoten frei von Tumorzellen (Mirkometasasen) ist , kann auf die Entfernung weiterer Lymphknoten verzichtet werden. Die Operation ist dadurch für die Frau mit weitaus weniger Spätfolgen verbunden.

Chemotherapie – Bremsmittel für Turbo-Zellen

Viele Frauen fürchten die Chemotherapie wegen ihrer Nebenwirkungen. Denn diese Behandlungsform ist nicht nur gegen die Krebszellen sehr wirksam, sondern schädigt auch das umliegende gesunde Gewebe. Da die Zellgifte, die dem Körper bei der Behandlung zugeführt werden, auch gesunde, schnell wachsende Zellen wie die Haarzellen angreifen, fallen den meisten Patientinnen für die Dauer der Behandlung die Haare aus. Nach Abschluss der Chemotherapie wachsen diese wieder nach.


Ziel der Chemotherapie ist es, die Ausbereitung des Krebses zu bremsen und eine Absiedlung von Krebszellen in andere Körperregionen zu verhindern. Die Medikamente, die die Frau während der Chemotherapie erhält (Zellgifte/Zytostatika), nehmen deshalb vor allem schnell wachsende Krebszellen ins Visiert. Die Zusammensetzung des Therapie-Cocktail variiert, sie hängt ab von der Tumorbiologie, dem Tumorstadium und der körperlicher Situation der Patientin. Entsprechend kombiniert der Arzt verschiedene Chemotherapeutika. Zu den wichtigsten Wirkstoffen zählen Alkylanzien, Anthrazykline, Taxane und Antimetabolite.


Die Chemotherapie wird in mehreren Zyklen – hintereinander, verabreicht, meist als Kombinationstherapie. Manchmal wird die Dosisdichte verstärkt –. Die Frau geht dazu entweder in die Ambulanz einer Klinik oder zu einem niedergelassenen Arzt (Onkologe). Häufig beginnt die Therapie gleich nach der Operation. In manchen Fällen empfiehlt sich die Chemotherapie aber auch schon vor der Operation, um den Tumor zu verkleinern und überhaupt „OP-fähig“ zu machen (neoadjuvante Chemotherapie).


Typische Begleiterscheinungen einer Chemotherapie sind Blutbildveränderungen, körperliche Schwäche, Übelkeit und Erbrechen. Doch – die Zeiten, in denen Chemotherapie mit ständiger Übelkeit einherging, sind glücklicherweise vorbei! Denn gegen die Chemo-Nebenwirkungen gibt es heute hochwirksame Medikamente.

Strahlentherapie –
die radioaktive Waffe gegen Krebs

Neubildungen von Brustkrebs am Ort des Geschehens – sogenannte Lokalredizidive – lassen sich durch eine mehrwöchige Strahlentherapie nach der Operation verhindern. An einigen Kliniken wird bereits ein neues, zeitsparenderes Bestrahlungsverfahren während des Eingriffs praktiziert (Intra Operative Radio Therapie)  Die Strahlen-Therapie als dritte Säule der Tumortherapie zielt darauf ab, noch vorhandene Tumorzellen in der Brust oder im Narbenbereich durch ionisierende Strahlen zu zerstören. Die Strahlen treffen vor allem schnell wachsende Zellen während der Teilung. Dadurch wird die Zellteilung gehemmt und ein Wachstum des Krebses verhindert.


Bei brusterhaltender Operation ist die Bestrahlung zwingend vorgeschrieben. In klinischen Studien war nachgewiesen worden, dass die Rückfallquote mit der Bestrahlung deutlich abnahm. Bei einer Strahlentherapie arbeitet der Radioonkologe mit unterschiedlichen Strahlendosen. Bei Brustkrebs werden im allgemeinen Dosen von bis zu 50 Gray auf die noch vorhandene Brust gegeben. Das Tumorbett wird mit bis zu 16 Gray bestrahlt. Die Gesamtdosis wird meist in kleinere Einzelportionen aufgeteilt, um die Therapie für die Frau verträglicher zu gestalten und das Risiko von Spätschäden zu verringern.


Bestrahlt wird heute mit sogenannten Linearbeschleunigern, die zwei verschiedene Arten von Strahlen erzeugen: „Harte“ Röntgenstrahlen, die tief in das Gewebe eindringen können und damit weiter entfernt liegende Tumorzellen erreichen können; und eine Elektronenstrahlung, die nur die Regionen direkt unter der Körperoberfläche erreicht und deshalb zur Bestrahlung von oberflächlichen Herden geeignet ist. Zur Bestrahlungsplanung werden die Bestrahlungsregion und die benachbarten Organe mit dem Computer-Tomographen in sogenannten Schnittbildern dargestellt, deren Daten direkt in das Bestrahlungsgerät eingelesen werden. So kann der Strahlentherapeut unterstützt durch den Computer die günstigste Anordnung der Bestrahlungsfelder festlegen. Um eine möglichst gleichmäßige Verteilung der Strahlung zu gewährleisten, wird die Brust im Allgemeinen von mehreren Seiten bestrahlt. Auch dadurch lassen sich Nebenwirkungen und Spätfolgen verringern oder vermeiden.


Eine Strahlentherapie ist im wahrsten Sinne des Wortes „Maßarbeit“. Vor Beginn der Bestrahlung wird die vorgesehen Bestrahlungsposition unter Durchleuchtung in einer Art „Generalprobe“ simuliert. Anschließend werden die Bestrahlungsflächen mit einem Farbstift auf der Haut angezeichnet.Im Allgemeinen wird fünfmal pro Woche bestrahlt. Der Bestrahlungsplan kann jedoch individuell unterschiedlich sein. Wie oft und in welcher Frequenz bestrahlt wird, bespricht der Strahlentherapeut vor Beginn mit Ihnen.


Viele Frauen leiden während der Zeit der Bestrahlung unter Müdigkeit und leichtem Unwohlsein. Manche auch unter Hautspannungen und anderen Hautveränderungen, die sich durch Anwendung spezieller Pflegecremes im allgemeinen gut beherrschen lassen. Meist klingen sie nach ein bis zwei Wochen wieder ab. Einige wenige Frauen haben auch Nebenwirkungen wie Lymphödemen oder Brustfibrosen (dabei bildet sich das Drüsengewebe der Brust in Bindegewebe um). Solche Brustfibrosen treten häufiger nach sofortigem Brustaufbau mit Implantaten auf. Deshalb empfehlen die meisten Ärzte, den Brustaufbau erst nach abgeschlossener Strahlentherapie vorzunehmen.Die Strahlentherapie wird nicht nur bei der Erstkrankung, sondern auch beim metastasierten Brustkrebs – manchmal sogar als Zweitbestrahlung am selben Ort - eingesetzt. Die Strahlentherapie ist anders als die Chemotherapie oder die endokrine Therapie eine lokale – d.h. sie wirkt nur am Ort der Bestrahlung. Für einige Krebsarten hat man zwischenzeitlich auch eine kombinierte Chemo-Strahlentherapie entwickelt, um bessere Heilungschancen für die Patienten zu erzielen.

Antihormonelle Behandlung –
Entzugstherapie für die Nährstoffe des Brustkrebses

Für viele Brustkrebsarten sind die weiblichen Geschlechtshormone Östrogen und Progesteron eine Art Antriebsmotor. Diese Tumorarten werden dann als „hormonabhängige Brustkrebse“ bezeichnet. Um diese Wachstumsanreize zu stoppen, werden dem Tumor deshalb bei der „antihormonellen Therapie“ die hormonellen Wachstumsbeschleuniger entzogen. Ziel dieser medikamentösen „Hormon-Entzugsbehandlung“ (die bekanntesten Medikamente sind Tamoxifen und Arimidex) ist es, das Wachstum des Tumor zu bremsen oder zu blockieren. Der unangenehme Nebeneffekt: Die Frau wird vorzeitig in die Wechseljahre geschickt – mit den bekannten Wechseljahrsbeschwerden wie Hitzewallungen und Stimmungsschwankungen. Rund 70 Prozent aller Brusttumore sind hormonrezeptor-positiv und deshalb für eine Behandlung mit „Antihormonen“ gut geeignet. Diese Frauen haben neben der Operation, Chemotherapie und Bestrahlung noch eine weitere, sehr wirksame Behandlungsoption.


Bei jungen Frauen kommt häufig eine andere Therapievariante zum Einsatz. Hier wird die Funktion der Eierstöcke, in denen die Geschlechtshormone gebildet werden, durch Gabe von synthetischen Anti-Hormonen (GnRH-Analoga =Gonadotropin-Releasing-Hormon) ausgeschaltet. Durch wird die Östrogen-Produktion gestoppt.Eine weitere Möglichkeit ist der Einsatz von sogenannten Aromatasehemmern. Das Enzym Aromatase spielt eine entscheidende Rolle bei der Produktion von Östrogen. Wird die Östrogen-Bildung z.B. durch eine Drei-Monatsspritze mit dem Wirkstoff Fulvestrant gehemmt, sinkt nicht nur der Östrogenspiegel im Blut, sondern es werden auch die Hormonantennen (Rezeptoren) unwiderruflich zerstört, an die bisher die noch aktiven Geschlechtshormone angedockt haben. Im Rahmen einer antihormonellen Behandlung kann auch die Gabe von Gestagenen sinnvoll sein. Gestagen ist als Hormon der Gegenspieler des Östrogen: es vermindert die Östrogenbildung und hemmt so die Östrogenrezeptoren.


Ob, und wenn ja, welche Art der antihormonellen Behandlung für die Frau die richtige, weil passende ist, hängt unter anderem davon ab, ob sich die Patientin vor oder nach den Wechseljahren befindet. Das Therapiekonzept sollte deshalb immer individuell mit dem Arzt besprochen werden

Antikörper-Therapie –
die Wachstumsignale abblocken

Eine wirksame Behandlungsmethode kann bei Brustkrebspatientinnen, die das Protein (Eiweiß) HER2 vermehrt bilden (etwa 20 Prozent der Frauen gehören zu dieser Gruppe), die Antikörpertherapie mit Trastuzumab sein. Dieser Wirkstoff hemmt das HER2-Eiweiß, das sich als Empfangsantenne (Rezeptor) auf der Oberfläche der Krebszellen befindet und ihr Wachstum anfeuert. Die HER2-Antikörpertherapie wird sowohl im frühen Erkrankungsstadium als auch bei fortgeschrittenem und bei metastasiertem Brustkrebs eingesetzt.


Wenn sich das Krebswachstum durch die Antikörpertherapie nicht bremsen lässt, können andere Wirkstoffe, sogenannte Signalhemmer gegen die HER2 Rezeptoren eingesetzt ewrden. Dazu gehört u.a. der Wirkstoff Lapatinib. Im Unterschied zu Trastuzumab blockt dieser Signalhemmer den HER2-Rezeptor nicht von außen ab, sondern schaltet ihn quasi von innen heraus ab. Dieser Abschaltmechanismus funktioniert dabei nicht nur für die HER2 Antennen, sondern auch für dessen Verwandte, den HER1 Rezeptor.


Inzwischen setzt man insbesondere bei der Behandlung von Brustkrebs auch auf eine Kombinationstherapie von mehreren Antikörpern (z.B. Trastuzumab und Pertuzumab), da diese sich in der Wirkung wechselseitig unterstützen und verstärken.

Neue Behandlungsoptionen -
Hoffnung für die Zukunft

Insbesondere beim metastasierten Brustkrebs eröffnen die sogenannten Antikörper-Wirkstoff-Konjugate (ADC = Antibody-Drug-Conjugates) innovative und wirksame Therapieoptionen. Medikamente, die zu dieser Wirkstoffklasse gehören, verfügen über drei unterschiedliche Bausteine: einen monoklonalen Antikörper, ein hoch wirksames Zytostatikum sowie einen sogenannten Linker, der die beiden Komponenten fest miteinander verbindet. Diese neue Form der Krebstherapie sorgt dafür, das die Medikamente gezielt an die Tumorzellen gebracht werden, ohne dass umliegende, gesunde Zellen geschädigt werden. Damit gelingt eine sehr effektive und präzise Bekämpfung der Tumorzellen mit deutlich verringerter Zellvergiftung (Toxizität).


Die ADC-Therapien weisen im Vergleich zur Chemotherapie aber nicht nur eine höhere Wirksamkeit, sondern auch ein zumeist weniger belastendes Nebenwirkungsprofil auf. Die monoklonalen Antikörper, die bei den ADC zum Einsatz kommen, verfügen über die Eigenschaft, spezielle Antigene zu erkennen, die vor allem von den Zieltumorzellen an der Zelloberfläche
ausgebildet werden. Der Antikörper heftet sich dann an der Oberfläche dieser Zellen an und liefert das Zytostatikum damit direkt dort ab, wo es zumEinsatz kommen soll. Gesunde Zellen, die das entsprechende Antigen nicht an der Zelloberfläche ausbilden, werden dabei weitgehend geschont. Das eingesetzte Chemotherapeutikum wirkt damit nur lokal und entfaltet keine belastenden systemischen Nebenwirkungen. Eigene Enzyme leiten Zellselbstmord ein. Das ADC dockt zunächst an der Zielzelle an und wird dann als Ganzes aufgenommen. Im Inneren der Zelle löst sich das Zytostatikum dann vom Linker. Hierdurch wird es therapeutisch scharf geschaltet.


Zur Anwendung kommen dabei Zellgifte, die den programmierten Selbstmord der Zelle auslösen. Für onkologische Behandlungen sind derzeit elf ADC zugelassen, mehr als 100 befinden sich in der Entwicklung. Studien zeigen: ADC wirken bei metastasiertem Brustkrebs! In der Brustkrebstherapie kommen heute schon ADC zum Einsatz. Besonders bei metastasiertem Brustkrebs, aber auch in der Behandlung des triple-negativen Mamma-Karzinoms eröffnen die ADC der neuesten Generation vielversprechende Behandlungsoptionen.