Regensburg

Isabelle Drösler

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Tel. 0941 830 94 63

Sprechstunde für Patientinnen und Angehörige:

Donnerstag, 15 - 17 Uhr nach Vereinbarung

Caritaskrankenhaus St. Josef, Landshuter Str. 65, 93053 Regensburg

Nebengebäude Verwaltung 3. Stock, Zi 12

Tel. 0941 782 3491

 

Hamburg

 

Brigitte Giese

hamburg(ät)allianz-gegen-brustkrebs.de
giese(ät)allianz-gegen-brustkrebs.de

Fon:        04101 -372994

Fax:        04101 – 372993

 

 

 

Schon seit vielen Jahren setze ich mich als Betroffene ehrenamtlich für Frauen mit Brustkrebs ein.

In den Gesprächskreisen geht es um sachkundige Begleitung von Brustkrebspatientinnen zu Themen wie  Diagnostik, Therapie, Nachsorge u.v.m. In regelmäßigen Abständen werden kompetente Referenten zu ausgewählten Themen eingeladen.

Gesprächskreise und Beratung zur Zeit nur nach telefonischer Anfrage bzw. Anmeldung.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Kassel

 

Team Kassel

kassel (ät) allianz-gegen-brustkrebs.de


 

Gruppentreffen  in Kassel finden statt:

  • Veranstaltungsort KISS Kassel (im Haus der BARMER)
    Treppenstr. 4
    34117 Kassel
    2. Stock Joseph-Rinald Raum
    jeden ersten Dienstag im Monat, 18:00 Uhr.
  • Das aktuelle Programm  der Regionalgruppe Kassel finden Sie hier:
  • Die Vorträge werden online gehalten. Bitte melden Sie sich dazu an unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Spendenkonto:
Allianz gegen Brustkrebs e.V., SHG Kassel
IBAN: DE 04 7606 9559 0500 1161 22

 

 

 

Lieber Jakob

Mit dieser Anrede beginnt das erste Kapitel des gleichnamigen Briefromans von Martin Hecht. Schon die Unterzeile des Titels verrät, dass die Lektüre keine leichte Kost sein wird und es kein Happy End gibt: „Brief an meinen Sohn über das Leben und Sterben seiner Mutter“. 

Wie spricht man mit einem Jungen, der gerade vor der Einschulung steht  darüber, dass die Mutter lebensbedrohlich erkrankt ist und vielleicht sterben muss? Auf diese Frage finden die Eltern, Gabriele und Martin, zunächst keine Antwort. Sie wollen der traurigen Geschichte, wie es im Buch heißt, die eigentlich schon im März 2005 begann, keinen allzu großen Raum in ihrem Leben lassen. Doch im Oktober 2007 lässt sich Gabrieles Erkrankung – die Fernsehjournalistin ist im Alter von 42 Jahren an Brustkrebs erkrankt – nicht mehr vor die Tür schicken. Sie bestimmt von nun an das Leben der bis dahin kleinen, glücklichen Familie, wird zum mehr und mehr bestimmenden Element im Alltag, das alles verändert.

Nun, als der Krebs zurückkehrt, entschließt sich  Martin Hecht dazu, ein Tagebuch zu beginnen. Er schreibt es in Briefform an seinen Sohn Jakob, dem die Eltern eigentlich die schlimme Wahrheit ersparen und eine möglichst unbeschwerte Kindheit ohne Angst bewahren möchten. Das Tagebuch beginnt am 29. Oktober 2007 und endet am 26. Juni 2010, genau ein Jahr nach dem Tod von Gabriele. Eindringlich und einfühlsam beschreibt Martin Hecht die Stationen der Krebserkrankung seiner Frau.

Gabriele will leben und stemmt sich gegen die Endgültigkeit der Diagnose. Sie unterzieht sich erneut einer belastenden Chemotherapie, versucht, den Alltag so normal wie möglich zu leben, verheimlicht ihrer Umgebung die erneue Diagnose. Auch die familiären Rituale – Reisen, Erholungsurlaube, ausführliches Shoppen, gutes Essen, gemeinsame Spaziergänge – behält die Familie bei. Und wie die Ironie des Schicksals es will, bekommt Gabriele nach dem Rückfall unerwartet endlich ihre Traumstelle als Schlussredakteurin beim Kultursender 3Sat, nachdem sie, wie ihr Mann es beschreibt, viele Jahre den Neid und die Missgunst von Kollegen beim ZDF ertragen musste.

Schonungslos und mit kritischem Blick auf Medizinbetrieb und Krankenhausalltag beschreibt Martin Hecht in den Tagebuchbriefen an Jakob den körperlichen Verfall und die seelischen Belastungen seiner Frau, die er über alles liebt und deren Leiden er kaum mit anzusehen vermag. Im Endstadium der Erkrankung – deren Bezeichnung sich im Buch von „der Erkrankung“ zu „Brustkrebs“ und schließlich zu „Krebs“ verändert – ist Gabrieles Körper mit Metastasen in Leber, Lunge und Knochen durchsetzt. Sie leidet unter schrecklichen Schmerzen. Ein Verbleiben zuhause ist  kaum  mehr möglich.Immer wieder wird Gabriele ins Krankenhaus eingeliefert.  Aber auch in dieser Zeit gibt es noch hoffnungsvolle Momente.

Nachdem eine orale Chemotherapie keine Besserung bringt, scheint eine antihormonelle Behandlung anzuschlagen. Sie gibt der Familie Zeit, um ein halbes Jahr vor dem Tod der Mutter noch einmal in die Berge zu fahren und die Orte zu besuchen, an denen man gemeinsam glücklich war. Gabrieles Tod, obwohl erwartet und auf Grund der medizinischen Prognose absehbar, kommt dann im Juni 2009 doch plötzlich. Martin bleibt keine Zeit, seiner Frau noch zu versichern, wie wichtig sie für sein Leben ist, wie sehr sie ihn zu dem gemacht hat, was er ist, wie sie sein Leben bereichert und wie sehr er sie geliebt hat. Dieser letzte Liebesbeweis bleibt unausgesprochen, vielleicht weil Gabriele sich diesem Gespräch bewusst entzieht, hofft sie doch bis zum Ende, leben zu dürfen.

Wie der Vater in seinem Tagebuch bemerkt, bleibt Jakob – trotz dieser Belastungssituation –  ein glückliches Kind. Vielleicht auch deshalb, weil es den Eltern gelingt, möglichst viel Normalität zu erhalten. Weihnachten, Silvester und auch die Geburtstage feiern die Drei gemeinsam. Jakobs Kinderalltag mit Gangfußball, Kindergarten, Schule, musikalischer Früherziehung, Kinonachmittagen, Besuchen bei Freunden, Vorlesen, gemeinsamen Unternehmungen und Kuscheln im elterlichen Bett bleibt auch angesichts von Gabrieles Erkrankung erhalten. Die Krankheit der Mutter scheint zu einer Normalität in Jakobs Leben geworden zu sein. Sehr einfühlsam geht er auf seine Mutter zu, hat keine Berührungsängste vor einer Frau, die plötzlich ohne Haare oder mit Perücke ganz verändert aussieht, kurzatmig ist und viel Zeit im Bett verbringen muss. Gleichzeitig weiß der Sechsjährige aber intuitiv, dass seine Mutter schwer krank ist. Seine unbewussten Ängste machen sich oft in Alpträumen Luft, die der Vater in seinem Tagebuch beschreibt. Natürlich merkt Jakob auch, dass sein Vater immer stärker die Rolle und Funktionen der Mutter übernehmen muss. Und die ganze Familie weiß zumindest unbewusst, bevor Martin Hecht es später im Tagebuch ausspricht: Nichts ist mehr so wie es war und nichts wird wieder so sein.

Die ganze Tragweite der emotionalen Belastung, die Gabrieles Krebserkrankung für die Familie mit sich bringt, wird Martin Hecht erst in der Rückschau während des Trauerjahres klar. Der Abschied von Gabriele, an die noch alles -nicht nur in der Wohnung- erinnert,  ist ein endgültiger, der Schmerz und die Trauer um den Verlust der geliebten Frau lassen sich auch nicht durch Besuche an den „gemeinsamen Orten“ verringern. „Nie mehr wird es eine Dreier-Umarmung geben, ...nie mehr ein Dreier-Küsschen. Aber auch nie mehr eine Zweier-Umarmung mit Gabi für mich und auch kein Zweier-Küsschen mehr mit ihr. Weder für Dich noch für mich.“ Sein Lebensgefühl während dieser Zeit beschreibt Martin Hecht so: „An mir läuft das Spiel vorbei, aber gründlich.“

Alles: Geburtstage, Weihnachten, der Jahreswechsel steht unter der Tragik: Heute vor einem Jahr waren wir zu dritt, haben wir gemeinsam dies und das unternommen. Mit großer Liebe, Zärtlichkeit und Hochachtung beschreibt der Vater im Tagebuch für den Sohn die Einzigartigkeit der Mutter und berichtet in Rückblenden aus dem gemeinsamen Leben:Im enger werdenden Vertrauensverhältnis zwischen Vater und Sohn berichtet Jakob auch über seine Ängste. So fürchtet er, nach der Mutter auch den Vater verlieren zu können. Eine sehr reale Angst, die der Vater auch durch die Zusicherung, sicherlich nicht so bald zu sterben, zu entkräften sucht  - wohl wissend, dass es in dieser Hinsicht keine wirkliche Sicherheit geben kann. In den Tagen vor Weihnachten 2009 – dem ersten Weihnachten ohne die Mutter - sprechen beide über Mut und Angst. Auf die Frage des Vaters: Wann hast Du eigentlich am meisten Mut gebraucht? antwortet Jakob, für Martin Hecht unerwartet: „Als die Mama gestorben ist.“ Dann sagt er, welcher Moment ihm noch viel Mut abverlangt habe – der Augenblick, an dem er die Türklinke zum Krankenzimmer auf der Palliativstation heruntergedrückt habe, weil er ja nicht gewusst habe, wie die tote Mama sei. Und es hätte viel Mut gebraucht, die tote Mama anzusehen.

Zum Ende seines Buches, das den Leser von Anfang an fesselt und das man trotz des schwierigen Themas nicht aus der Hand legen möchte, ist Martin Hecht klar: Sein Brieftagebuch soll nicht nur die Erinnerung an die Mutter für Jakob wach halten. Es ist zugleich Selbstreflexion und literarische Verarbeitung eigener Gefühle und damit seine ganz persönliche Art der Trauerbewältigung.  Der „Brief an Jakob“ ist ein Krebsbuch ganz anderer Art – geschrieben aus der Perspektive der Verlassenen, die mit dem Tod des geliebten Menschen zurecht kommen müssen. Es ist ein ehrliches, mutiges und sehr persönliches Buch, verfasst von einem Mann, der sicherlich als Publizist seine Gedanken und Gefühle besser als manch anderer in Worte fassen kann. Die Veröffentlichung des Tagebuchs, vor der der Autor zunächst zurückschreckte, weil er seine Familiengeschichte nicht ohne weiteres der Öffentlichkeit preis geben wollte, ist ein Glücksfall. Denn die Geschichte von Gabriele, Martin und Jakob kann auch anderen Wertvolles mitteilen und Verständnis und Mitgefühl für diejenigen erzeugen, die in ähnlicher oder gleicher Lage sind. Auch ohne Happy -End besticht das Buch durch seine positive Grundhaltung: Aus Liebe entsteht Trauer, aus Trauer entsteht Liebe – dieses Motto, das der Autor dem Buch voranstellt, wird in den Briefen an Jakob auf eindrucksvolle Weise lebendig. Empfehlung: unbedingt lesenswert! (akk)

Martin Hecht: Lieber Jakob, Brief an meinen Sohn über das Leben und Sterben seiner Mutter, DVA, 2010, ISBNB 978-3-421-044785,317 Seiten Preis: 19,99 €

Patient in Deutschland

Rezension von Annette Kruse-Keirath

Selbst Insider wie Ärzte und Gesundheitspolitiker verstehen die Gesundheitspolitik in Deutschland kaum mehr und können im Dickicht der sich ständig wandelnden Gesetze, Bestimmungen, Leitlinienund sonstigen Vorschriften kaum mehr den Überblick behalten. Wie sollen da Patientinnen und Patienten, die vom politischen Regulierungswahn Betroffenen, die medizinische Welt verstehen?

Da lehnt ein Arzt zum Beispiel mit Hinweis auf sein Heilmittelbudget nach einer Brust-OP eine medizinisch-notwendige Lymphdrainage ab. Eine andere Patientin wundert sich darüber, dass sie plötzlich in der Apotheke immer anders aussehende Medikamente statt des bisher verordneten Präparates erhält (diese sind nach Auskunft des Apothekers genauso gut, nur preisgünstiger), weil ihre Krankenkasse mit bestimmten Pharmaherstellern einen Rabattvertrag abgeschlossen hat. Andere werden mit „motivierenden Anrufen“ ihrer Krankenkasse bombardiert, doch am DMP Mamma-Ca teilzunehmen, weil durch dieses „qualitätsgesicherte und leitlinienorientierte Nach-sorgeprogramm“ die beste Betreuung für die Patientin sichergestellt sei. Was die Krankenkasse verschweigt: Nicht die Patientin, die im besten Fall 40 € pro Jahr für die Praxisgebühr spart, ansonsten aber keine weiteren medizinischen Vorteile erhält, sondern die Krankenkasse selbst profitiert am meisten von der DMP-Einschreibung. Denn aus dem Risikostrukturausgleich fließen mit der Einschreibung gleich 7.500 € auf das Konto der Krankenkasse. Und diese Mittel werden – das ist der eigentliche Skandal – keineswegs für eine verbesserte Therapie der Brustkrebs-patientin verwendet, sondern helfen, die Finanzlöcher der Krankenkassen zu stopfen.

Anhand dieser und ähnlicher Beispiele aus allen Bereichen des Gesundheitswesens zeigt Gaby Guzek in ihrem gerade erschienen Buch: „Patient in Deutschland – verraten und verkauft“, nach welchen Regeln Gesundheitswesen und Patientenversorgung in Deutschland überorganisiert und verbürokratisiert sind und deshalb eben häufig nicht funktionieren. Gesundheit nach Kassenlage – so lautet das ernüchternde Resümee der Autorin zur derzeitigen Situation im Gesund-heitswesen. Dabei werden nicht nur die patientenfeindlichen Strukturen und die heute schon stattfindenden verdeckten Rationierungen, sondern auch die ständig zunehmende Entmündigung und Bevormundung der Menschen durch selbst ernannte Beschützer eindringlich dargestellt.

In 14 Kapiteln erläutert die Medizinjournalistin auf 160 Seiten in gut lesbarer und auch für Laien verständlicher Sprache den ganz alltäglichen Wahnsinn im Gesundheits- und Pflegewesen. Kenntnis- und detaillreich schildert die Autorin auch  Finanzierungsstruktur und Ausgabepolitik der Krankenkassen. Diese – so die entlarvende Bilanz  –  dient eher der Gewinnung vom Markt-anteilen im Vorgriff auf den neuen Gesundheitsfonds als einer guten Versorgung – insbesondere wirklich kranker Patienten. Wellnessreisen und Reha-Sport, mit denen sich junge Versicherte gewinnen lassen, werden deshalb lieber von den Krankenkassen finanziert als Verordnungen für Krankengymnastik, Ergotherapie und Logopädie oder ein innovatives, aber teures Medikament für Schwerkranke.

Ein Extrakapitel widmet sich auch den Arbeitsbedingungen und der Honorierung von Ärztinnen und Ärzten. Schnell wird klar: Niedergelassene Ärzte sind ebenso wie Krankenhäuser und Pflegedienste Teil und Instrument einer von der Autorin als perfide charakterisierten Ratio-nierungspolitik von Gesetzgeber und Krankenkassen. Sie spüren die Auswirkungen der Sparpolitik ebenso wie die Patienten. Wobei die Politik den Ärzten den schwarzen Peter zuschiebt, die unerfreulichen Rationierungswahrheiten im Sprechzimmer „zu verkaufen“ – mit der Konsequenz des zunehmenden Image- und Vertrauensverlustes des ärztlichen Berufsstandes.

Am Schluss des Buches (dem man vielleicht die etwas zu arztorientierte Perspektive ankreiden kann und von Seiten des Verlags eine etwas liebevollere Lektoratsbetreuung besonders bei Orthographie, Grammatik und Zeichensetzung gewünscht hätte) stellt Gaby Guzek unter der Überschrift: „Was tun?“ die Frage nach den Zukunftsperspektiven des Gesundheitswesens. Ihre Antwort: „Das System ist nicht reformierbar. Wir brauchen einen Neustart.“ Diese sollte nach ihrer Auffassung bei der Wahlfreiheit des Patienten und der Rückbesinnung auf den Ursprung jeder Arzt-Patientenbeziehung beginnen: „Ich will zu dem Arzt gehen können, dem ich vertraue und will mit ihm zusammen meine gute und richtige Behandlung finden“. Ein Wunsch, dem die von der Politik so gefürchteten mündigen Patientinnen und Patienten nur zustimmen können. Ebenso wie der Aufforderung der Autorin: „Wir müssen anfangen nachzudenken. Und: Wir müssen handeln“ und uns nicht mehr nur behandeln und zum Objekt von Gesundheitsinteressen anderer degradieren lassen.

Gaby Guzek: Patient in Deutschland - verraten und verkauft. Promedico Verlag Hamburg, 14,80 Euro. ISBN 978-3-932516-16-0

Sehen wir uns morgen?

Sehen wir uns morgen? - von Alice Kuipers

 Rezension von Annette Kruse-Keirath
Ein Jugendroman, der sich mit dem Thema „Brustkrebs“ befasst -  keine zwangsläufige Verbindung! In der Tat: Die Autorin Alice Kuipers hat ein ganz ungewöhnliches Buch vorgelegt – in Inhalt und Form: Eine sensible Mutter-Tochter-Geschichte – aufgeschrieben auf kleinen Notizzetteln, die beide an den Kühlschrank heften.
Die Tochter, Claire, ist ein ganz normaler Teenager –  unbeschwert  - mit den üblichen Pubertäts- und Schulproblemen. Die Mutter – eine Hebamme, ist häufig nachts im Einsatz und selten zuhause.  Da beide ständig unterwegs sind, tauschen sie oft nur auf den kleinen Kühlschrankzetteln wichtige Nachrichten aus: Einkaufslisten, Schulnoten, Berichte aus der Klinik.
Ganz beiläufig erwähnt die Mutter einen Routinebesuch beim Arzt. Claire ist beunruhigt, denn ihre Mutter ist keine „Arztgängerin“. Aus der bösen Vorahnung – ein harmloser Knoten - wird schnell Gewissheit: Claires Mutter hat Brustkrebs. Damit gerät Claires Welt aus den Fugen.
Die Zettel-Kommunikation berichtet von der Sprachlosigkeit der Mutter und der Unsicherheit und Wut der Tochter, die das „Schutzschweigen“ der Mutter ertragen kann und verzweifelt nach Antworten sucht. Sie zeigt aber auch, wie die Beziehung zwischen beiden intensiver, sensibler und menschlich reifer wird. Claire wird während der Therapie der Mutter plötzlich erwachsen. Sie lernt, einfühlsam auf die Bedürfnisse ihrer Mutter einzugehen, und übernimmt Verantwortung für sich selbst.
Für Mutter wie Tochter wird das Durchleben der Erkrankung zu einer wichtigen, Erfahrung, an der sie gemeinsam wachsen. Die kranke Mutter wird zum Vorbild für Claire, die auf einen Kühlschrankzettel schreibt: „Ich kann versuchen zu vergessen, wie schwer es am Ende für dich war; aber ich werde niemals vergessen, wie stark und mutig du gewesen bist,  Mama. ..Ich wünschte, ich hätte mehr Zeit mit Dir gehabt. Aber ich bin dankbar für die Zeit die wir hatten.“
Alice Kuiper’s Buch ist keine „Krebsgeschichte“. Es ist ein Plädoyer dafür, sich nicht erst dann, wenn eine Krankheit Zeit kostbar werden lässt, Zeit füreinander zu nehmen und gemeinsam zu leben. Urteil: Lesenswert – nicht nur für Jugendliche! (Annette Kruse-Keirath)


Alice Kuipers: Sehen wir uns morgen, Krüger Verlag, Frankfurt 2007
ISBN 978-3-8105-1063-1, Taschenbuch: 7,95 €

 

 

 

Das Anti-Krebs Buch

Rezension von Annette Bopp

Wieder ließ sich Servan-Schreiber operieren und unterzog sich zusätzlich einer einjährigen Chemotherapie. Der Schock des Rückfalls jedoch wird für den Autor des 2003 erschienenen Bestsellers „Die neue Medizin der Emotionen“ zum Anlass, sich der Frage „Was kann ich selbst für mich tun?“ neu und anders zu stellen. Denn, so sagt er sich: „Es wäre völlig unvernünftig, ausschließlich auf den rein technischen Ansatz zu vertrauen und die natürliche Fähigkeit unseres Körpers außer Acht zu lassen, sich vor Tumoren zu schützen.“ So weiterleben wie bisher erscheint ihm jetzt fatal – hat doch gerade dieses Leben mit dazu beigetragen, dass sich die Geschwulst von neuem bilden konnte.

Und so beginnt er, sich genauer mit der Frage auseinanderzusetzen, warum die Krebserkrankungen seit rund 1940 stetig zunehmen – und dies nicht nur, weil die Menschen älter werden: Zwischen 1975 und 1994, so belegt Servan-Schreiber, ist die Krebsrate in den USA bei Frauen unter 45 Jahren um 1,6 Prozent pro Jahr gestiegen, bei Männern sogar um 1,8 Prozent. Er zitiert Daten der Weltgesundheitsorganisation WHO, die eine besonders starke Zunahme der Krebserkrankungen bei Kindern und Jugendlichen seit 1970 nachweisen. Die Statistiken der WHO zeigen des Weiteren, dass Brust-, Prostata- und Darmkrebs bei Menschen aus den gleichen Altersgruppen in den USA und Nordeuropa neun Mal häufiger auftreten als in China, Laos und Korea und vier Mal häufiger als in Japan. Er macht darauf aufmerksam, dass die Brustkrebsrate bei Asiatinnen sprunghaft ansteigt, sobald sie in westlich orientierten Großstädten wie San Francisco oder Hongkong leben.

Hat diese „Krebsepidemie“ also mit der seit dem zweiten Weltkrieg deutlich gestiegenen Umweltverschmutzung, vor allem aber mit dem westlichen Lebensstil zu tun? Was veranlasst so einen Tumor zum Wachsen? Warum ist es Servan-Schreibers eigenem Körper nicht gelungen, die Krebszellen in Schach zu halten? Und was ist zu tun, damit er nicht binnen kurzem erneut mit einem Rückfall konfrontiert wird?

Auf der Suche nach den Antworten nutzt der Neurologe sein Knowhow als Wissenschaftler: er surft in Datenbanken, durchforstet Fachzeitschriften, besucht Kongresse und überprüft jede Hypothese, die ihm begegnet. Das Ergebnis seiner Recherchen sowie wissenschaftliche Erkenntnisse aus jüngster Vergangenheit trägt Servan-Schreiber – durchflochten von seiner persönlichen Krankheitsgeschichte, die er erstmals öffentlich macht – auf 352 Seiten in einem Buch zusammen: „Das Anti-Krebs-Buch“ (Kunstmann Verlag 2008). Jede Aussage, jede Studie ist minutiös dokumentiert und belegt; die Bibliographie im Anhang umfasst 388 Quellenangaben und nimmt im Buch 26 Seiten ein – eine für ein allgemeinverständliches Sachbuch außergewöhnliche Detailversessenheit.

Der Autor hat dafür seine Gründe: Es geht ihm um Glaubwürdigkeit, Anerkennung, Beweise. Denn er ist überzeugt: „Es handelt sich hier um einen Durchbruch in der Krebstherapie.“ Dieser Durchbruch besteht für ihn in vier Ansätzen, die dem Krebs entgegenwirken sollen: Sich vor Schadstoffen aus der Umwelt schützen.Die Ernährung so umstellen, dass Lebensmittel, die das Krebswachstum anheizen können, verringert und solche, die es bremsen können, bevorzugt werden. Seelische Wunden, die die biologischen Mechanismen bei der Krebsentstehung aktivieren können, heilen. Das Immunsystem anregen und krebsfördernde Entzündungsprozesse eindämmen.

Das klingt relativ trivial und ist in dieser Art noch nichts Neues. Das Besondere an diesem Buch ist, dass es erstmals eine Fülle von Belegen zusammenträgt, dass all diese Maßnahmen eine wissenschaftliche Basis haben und nicht auf Treu und Glauben beruhen. Auch zeigt Servan-Schreiber anschaulich und realitätsnah, wie sich dieses Vier-Punkte-Programm im Alltag umsetzen lässt, mit allen Möglichkeiten und Grenzen. Er nimmt den Leser erzählend an die Hand, drängt nichts auf, stellt lediglich vor, gibt zu bedenken, schildert Studienergebnisse – sachlich, freilassend und uneitel, aber doch mit spürbarem Engagement, und vor allem mit einer entwaffnenden Ehrlichkeit. Servan-Schreiber hält seine eigene Skepsis nicht zurück, die ihn anfangs befallen hat, als er las, dass Kurkuma, grüner Tee und Himbeeren Immunzellen auf Trab bringen sollen. Er gibt seine frühere Elfenbeinturm-Mentalität zu, seine Vorbehalte gegenüber Ernährungsumstellung oder Meditation und spricht damit offen aus, was viele – sicher auch noch bei der Lektüre der ersten Kapitel – denken. Mit dieser Ehrlichkeit (die jedoch nie in peinliche Selbstbezichtigung verfällt), fördert er leise und geschickt die Bereitschaft, sich auf seine Überlegungen einzulassen, ihm in seiner Argumentation zu folgen.

Servan-Schreiber macht Forschungsergebnisse transparent, die normalerweise nur Wissenschaftlern zugänglich und auch verständlich sind. So schildert er beispielsweise, wie 2006 der Nachweis gelingt, dass der Organismus mithilfe aktivierter Immunzellen innerhalb eines halben Tages bis zu 10 Prozent des Körpergewichts an Krebszellen beseitigen kann. Niemand, so sagt er, hätte eine solche Leistung zuvor für möglich gehalten, am allerwenigsten die Immunologen. Die Ressourcen des Körpers und seine Fähigkeit, mit Krankheiten fertig zu werden, unterschätze die Naturwissenschaft immer noch.

Er zeigt Möglichkeiten und Wege zur Aktivierung des Immunsystems auf, die auch ein nicht von Privilegien gesegneter Arbeiter, eine Hausfrau oder eine Sekretärin umsetzen kann: Eine halbe Stunde Spazierengehen reicht, um dem Körper ein Minimum an Bewegung zu verschaffen. Arbeitshetze und Stress lassen sich durch täglich 15 Minuten Meditation, Yoga oder andere Entspannungsübungen abbauen. Das Gefühl ohnmächtiger Hilflosigkeit in Krisensituationen legt sich, indem man darüber spricht und sich Hilfe bei Freunden, Nachbarn oder professionellen Therapeuten sucht. Denn – das zeigen die Beweise aus der Psychoneuroimmunologie – ein ausgeglichenes Seelenleben wirkt sich über Nervenbotenstoffe und vielerlei andere Mechanismen positiv auf die Immunabwehr aus.

Den größten Raum der Beweisführung für die Wirksamkeit seines Vier-Punkte-Programms jedoch widmet Servan-Schreiber dem Einfluss der Ernährung auf das Krebsgeschehen. Fast wie ein Krimi liest sich die Geschichte des Chirurgen Judah Folkman und seiner Annahme, dass Tumore nur dann wachsen können, wenn sie es schaffen, die umgebenden Blutgefäße für ihre Sauerstoff- und Nährstoffversorgung umzufunktionieren und eine Vielzahl neuer Adern sprießen zu lassen. Es dauerte 20 Jahre, bis Folkmans These von der „Angiogenese“ 1994 endlich anerkannt wurde. Heute ist sie eines der wichtigsten Forschungsgebiete in der Onkologie und vor allem auch der Pharmaindustrie, die immer neue Hemmstoffe (sogenannte Neo-Angiogenese-Hemmer) zu synthetisieren versucht. Exakt solche Wirkstoffe existieren jedoch bereits, wie Servan-Schreiber ausführt: in diversen Pilzen (die vorwiegend in der asiatischen Küche verwendet werden), in grünem Tee, Erd- und Himbeeren, Wal-, Hasel- und Pecannüssen. Ätherische Öle und Inhaltsstoffe von Minze, Thymian, Majoran, Oregano, Basilikum und Rosmarin hemmen die Bildung neuer Blutgefäße in Zellkulturen sogar ähnlich wirksam wie der Bestseller unter den modernen Chemotherapeutika, der Neo-Angiogenese-Hemmer Glivec, der seit 2001 vor allem bei chronisch myeloischer Leukämie als Wundermittel gefeiert wird, oder Avastin, der seit kurzem gegen den metastasierten Brustkrebs zugelassen ist.

Andere Lebensmittel wiederum, so weist Servan-Schreiber nach, setzen Entzündungsfaktoren im Körper frei und könnten dadurch wie Dünger für Krebszellen wirken. Es sind dies vor allem Speisen und Getränke, die im Körper einen raschen Insulinanstieg provozieren, also einen hohen „glykämischen Index“ aufweisen (Kartoffelbrei, Cornflakes, Crispies, Weißmehlprodukte, Zucker, Honig, Marmelade, Kompott, Limonaden), aber auch Omega-6-Fettsäuren (etwa aus gehärteten Fetten, Sonnenblumen- und Maisöl) sowie Fleisch, Eier und Milchprodukte aus konventioneller Landwirtschaft mit Massentierhaltung unter Verwendung von Wachstumshormonen. Entzündungshemmend wirken dagegen die sekundären Pflanzenstoffe aus grünem und Kohlgemüse, Kurkuma (insbesondere in Verbindung mit Pfeffer in Curry-Gewürzmischungen), Ingwer, Knoblauch, Zwiebeln sowie Omega-3-Fettsäuren (in Fisch, Oliven- und Leinöl) und Speisen mit niedrigem glykämischem Index (Hülsenfrüchte, Vollkornprodukte, Haferflocken, Müsli, Heidelbeeren, Kirschen, Agavendicksaft als Zuckerersatz, schwarze statt Milchschokolade).

Die westlichen Ernährungsgewohnheiten, so schlussfolgert Servan-Schreiber und beruft sich dabei vor allem auch auf den renommierten Biochemiker Richard Béliveau von der Universität Montreal, begünstigen die Krebsentwicklung maximal. Eine Umstellung auf asiatisch-mediterrane Kost mit Produkten aus biologischem Anbau (die heute bei jedem Discounter im Regal stehen) dagegen, so Servan-Schreiber, ist heute für jeden machbar, und selbst wenn man immer mal wieder aus Kostengründen zu Obst und Gemüse aus konventionellem Anbau greifen müsse, so überwiege die krebsschützende Wirkung die schädliche der Insektizide oder Pestizide allemal.

Vielleicht schafft dieses Buch noch nicht den vom Autor erhofften entscheidenden Durchbruch in der modernen Krebstherapie. Eine Studie nach den „Goldstandards“ der naturwissenschaftlichen Medizin, mit harten Daten für einen Überlebensvorteil bei Krebs durch einen gesunden Lebensstil, gibt es noch nicht (und bisher auch keine Lobby, welche die dafür nötigen Gelder locker macht). Nur: Wenn Krebskranke warten, bis eine solche Studie den finalen Kausalitätsbeweis liefert, sind sie vermutlich schon gestorben. Servan-Schreibers Erfahrungen und das von ihm so eingängig aufbereitete vielfarbige Puzzle aus Wissenschaft und Forschung sind für jeden nachprüfbar und untermauern zumindest eines absolut überzeugend: niemand ist der Krankheit machtlos ausgeliefert. Und so könnte sein Buch die Therapie auf anderem Wege revolutionieren: von unten, von Seiten der Patienten. Es ist eine großartige Motivation, schon jetzt zu handeln. „Was kann ich selbst für mich tun?“ Hier ist die Antwort.

David Servan-Schreiber: Das Anti-Krebs-Buch. Was uns schützt: Vorbeugen und Nachsorgen mit natürlichen Mitteln. 352 Seiten, mit farbigen Abbildungen und 16seitigem Ernährungsplaner, Kunstmann Verlag, München, 24,90 Euro

 

 

 

Aloe, Gingko, Mistel & Co.



Rezension von Annette Kruse-Keirath



Wenn die Verzweiflung groß ist, greift man nach jedem Strohhalm. Mit dieser lapidaren Feststellung tat die „offizielle Medizin“ lange Zeit die sogenannten komplementären Heilverfahren ab und stellte sie in die Ecke von Scharlatanerie und nicht wirklich ernst zu nehmendem Hokuspokus. Doch inzwischen hat sich viel getan in Sachen „Komplementärmedizin“. 73 Prozent der Onkologen in Deutschland befürworten heute komplementärmedizinische Verfahren als Ergänzung zur Schulmedizin. Und nicht nur sie, sondern auch viele Hausärzte möchten auf die Frage: Herr Doktor, was kann ich sonst noch für mich tun? eine kompetente Antwort geben.



Noch fehlen in der Erfahrungsheilkunde vielfach wissenschaftliche Studien. Deshalb sind fundierte Orientierungshilfen wichtig – für Patientinnen wie auch für die behandelnden Ärzte. Ein wichtiges Standardwerk ist hier der Patientenratgeber von Dr. Jutta Hübner, die als Chefärztin einer großen onkologischen Klinik seit vielen Jahren Krebspatienten in der akuten Therapiephase und in der Nachsorge betreut. Ex-perience based statt evidence based – Wissen aus Erfahrung statt aus nachweisbaren Studien –, so lassen sich die Empfehlungen charakterisieren, die Jutta Hübner in ihrem 296seitigen Ratgeber: „Aloe, Mistel, Ginkgo & Co“ zusammengetragen hat. 



Das mit vielen Fotos illustrierte und in einer auch für medizinische Laien verständlichen Sprache geschriebene Buch gibt in alphabethischer Reihenfolge einen Überblick über insgesamt 117 Wirkstoffe, die in der biologischen Krebs-therapie eingesetzt werden. Alle Substanzen – angefangen von Aloe vera bis Zitrusflavonen – werden in Vorkommen und Wirkungsweise vorgestellt. Am Schluss jedes Kapitels findet sich unter dem Stichwort: Was empfiehlt der Arzt? eine kritische Wertung aus Sicht der Schulmedizin.

Dem eigentlichen Ratgeberteil vorangestellt sind Kapitel mit Informationen zur Krebsentstehung, über Chancen und Grenzen einer naturheilkundlichen Begleittherapie und  der Erstattung solcher Medikamente durch die Krankenkassen. Wichtige Hinweise bietet das Buch auch zu den Studien, die notwendig sind, bis ein Medikament für den Markt zugelassen wird.  



Im Kapitel „Ernährung“, das immerhin 14 Seiten umfasst, folgt Jutta Hübner allerdings den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, die neben der Regel ‚five a day‘ (5 Portionen Obst und Gemüse täglich - drei Hände voll Gemüse und zwei Hände voll  Obst) ), immer noch den Verzicht auf Fett und eine kohlenhydratreiche Ernährung propagiert. Hier hätte man sich den Hinweis auf vielversprechende neuere Forschungsansätze gewünscht, die eine Er-nährungsumstellung auf drei Mahlzeiten täglich mit Reduzierung  kurzkettiger Kohlenhydrate (Weißmehlprodukte, Kartoffeln, Nudeln, Reis) und einem höheren Anteil an Eiweiß und Gemüse favorisieren. Und zwar nicht nur, um Übergewicht zu vermeiden, sondern auch, um den Zuckerstoffwechsel in den Zellen günstig zu beeinflussen. Wird Zucker unter Sauerstoffzufuhr nämlich nicht verbrannt , sondern in der Zelle vergoren, kann dies nach neuen Studien die Metastasierung und auch die Resistenz der Krebszellen gegen die Wirkstoffe der Chemotherapie begünstigen.



Trotz dieses kleinen Wermutstropfens ist der Ratgeber von Jutta Hübner als Einstiegslektüre für Patientinnen zu empfehlen, die sich einen Überblick über die Komplementärtherapie verschaffen möchten. Die „fortgeschrittene Leserin“ wird aber sicherlich fundierte Hinweise auf Studien und Tipps für weiterführende Lektüre vermissen. Hier hätte man sich ein Literaturverzeichnis und nicht nur Internetlinks von Selbsthilfegruppen, der Deutschen Krebsgesellschaft und Stiftungen gewünscht. Das Fazit: Ein informatives, leicht zu lesendes Buch und eine Art Gesundheitslexikon, das  Lust auf Mehr macht.

Jutta Hübner: Aloe, Mistel & Co – Ergänzende Wirkstoffe in der Krebsbehandlung, Ein Ratgeber für Patienten und Angehörige,
 Schattauer-Verlag, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-7945-2691-8, Preis: 24,95 €

Wie wollen wir sterben?

Rezension von Annette Kruse-Keirath

Michael de Ridder hat sich mit einer provokanten Überschrift einem noch provakanteren Thema gewidmet: Der Antwort auf die Frage: Wie wollen wir sterben? In einer Gesellschaft, die das Sterben und den Tod weithin tabuisiert und in die Sterbezimmer der Kliniken abgeschoben hat,  lässt dieser Buchtitel aufhorchen.

Und das, was der Berliner Arzt , Rettungs-und Palliativmediziner auf gut 300 Seiten an Lebens- und Berufserfahrung zu Papier bringt, führt mitten ins Zentrum der in Deutschland zwischenzeitlich vehement geführten Debatte um Sterbekultur und Sterbehilfe. De Ridder berichtet gleich zu Beginn des Buches über eine ihn prägende „Sterbeerfahrung“ im Krankenhaus. Ein alleinstehender Patient mit einer Tumorerkrankung soll, weil er ja sowieso bald stirbt, in ein Einzelzimmer verlegt werden. Dieses steht nicht zur Verfügung. Nur in einem Sechsbettzimmer ist noch Platz. Aber kann man den fünf Anderen einen Sterbenden zumuten? Über diese Frage erschrickt der junge Arzt de  Ridder, weil ihm in diesem Moment klar wird: Der Tod gehört ins Leben – unter Menschen – nicht in die Verlassenheit eines Einzelzimmers.

Die Szene, die dann folgt, ist eine der ergreifendsten des ganzen Buches, das anhand vieler Einzelschicksale klar macht: Es gibt nicht das Sterben, den Tod; jede Sterbesituation, jedes Abschiednehmen ist anders – eine Tatsache, auf die die moderne Hochleistungsmedizin in keiner Weise Rücksicht nimmt. Die fünf anderen Männer geben dem Sterbenden das schönste Bett im Zimmer, organisieren eine 24-Stunden-Sitzwache für den Todkranken, lesen ihm vor, waschen ihn und geben ihm zu essen. Nach fünf Tagen stirbt der Patient in Anwesenheit aller – nicht allein. Und einer der Mitpatienten sagt: „Diese fünf Tage meines Lebens waren wichtig – ich werde sie nie vergessen!“. Hier erleben Menschen ein menschenwürdiges Sterben.

In den zwölf folgenden Kapiteln seines Buchs zeigt de Ridder anhand unterschiedlicher Beispiele eine Sterbewirklichkeit ganz anderer Art. Da ist die 86jährige Patientin, die bewusstlos und würdelos den Rettungsmarathon der Intensivmedizin – Legen von Zugängen, Wiederbelebung mit Defibrillator und manueller Herzmassage einschließlich Rippenbrüchen- durchläuft– weil der Stationsarzt glaubt, alles tun zu müssen, was getan werden kann - und doch stirbt.

Eingehend beschreibt der Autor die Furcht vieler Ärzte vor eigenverantwortlichen Entscheidungen. Auch wenn sie wissen, dass sie das Richtige tun, indem sie auf lebensverlängernde Maßnahmen verzichten, glauben viele, sich absichern zu müssen. Aus forensischen Gründen. Und dann die Angst davor, Sterben zuzulassen, wobei die behandelnde Ärztin nicht einmal erkennt, dass der eingelieferte 88jährige Patient im Sterben liegt. Weil ärztliches Handeln ja dem Leben verpflichtet ist und die Wahrnehmung von Sterben in Studium und Ausbildung nicht erlernt wird.

Das Buch geht auch kenntnisreich und in einer auch für Laien verständlichen Sprache auf die  Frage nach der Sinnhaftigkeit von Sondenernährung am Lebensende – de Ridder nennt das die Legende vom Verhungern und Verdursten - , einer angemessen Schmerztherapie und dem Recht auf ein selbstbestimmtes Leben bis zum und am Lebensende ein. In Erinnerung bleiben wird jedem Leser das Schicksal von Katharina S, einer 24jährigen Frau, die nach einem schweren Autounfall vom obersten Halswirbel an gelähmt ist und als „beatmeter Kopf“ zwischen Sterbewunsch und Lebensbejahung schwankt. Selbst dann, wenn sie es wollte, könnte sie ihrem Leben ohne fremde Hilfe kein Ende machen. Anhand dieses Beispiels stellt der Autor die schwierige Frage nach dem Erlaubtsein und der Berechtigung aktiver und passiver Sterbehilfe.

Eine abschließende Antwort findet das Buch nicht; es beschreibt aber Möglichkeiten, wie Ärzte Menschen auf dem Weg zu einem guten Tod begleiten können. Der ärztliche Auftrag, davon ist Michael de Ridder überzeugt, ist nicht nur zu heilen, sondern den Patienten auch das Sterben zu erleichtern. Dafür muss die Ärzteschaft, so sein Plädoyer, aber auch die Gesellschaft zu einem neuen Selbstverständnis finden und „Sterben annehmen, sterben gestalten“. Denn: Wer weiß schon, ob das Sterben nicht eigentlich das Leben und das Leben nicht eigentlich das Sterben ist.

Michael de Ridder: Wie wollen wir sterben? 309 Seiten, Deutsche Verlagsanstalt, 2010, ISBN 978-3-421-04419-8, Preis: 19,95 €

 

 

 

Gemeinsam gegen Krebs

Eine Rezension von Annette Kruse-Keirath

Fast scheint es, als habe sich die Onkologie in diesem Jahr die  Renaissance der Naturheilkunde auf die Fahnen geschrieben. Naturheilkundliche Behandlungsverfahren - besonders in der Krebsmedizin lange Zeit als wirkungslose Kräutermedizin abgetan und in die Ecke von unseriöser Scharlatanerie gestellt -  werden jetzt von der offiziellen Onkologie als Therapieoption anerkannt.

Zurückzuführen ist diese Entwicklung allerdings nicht auf die Initiative der Wissenschaft. Sie ist eher die Reaktion der Medizin auf das Verhalten der Krebspatienten. 70 Prozent aller Tumorkranken nehmen die Hilfe der Naturheilkunde in Anspruch – allerdings ohne dies mit dem behandelnden Onkologen abzustimmen. Zumeist verschweigen die Patienten sogar aus Angst, dass sie in naturheilkundlichen Revieren fremdgehen. Die Angst der Patienten ist dabei nicht unbegründet: Viele Krebsspezialisten kennen sich mit den komplementärmedizinischen Methoden und Heilmitteln nicht aus und winken deshalb gleich ab. Und auf Krebskongressen wird die Erfahrungsmedizin häufig nach wie vor als unwissenschaftlich abgetan – selbst wenn Patientinnen und Patienten von Heilerfolgen und einer deutlichen Linderung ihrer Beschwerden berichten: Nur Anekdoten und Einzelfallbeobachtungen, keine wissenschaftliche Evidenz!

Die beiden Essener Mediziner, die im Frühjahr  2011 das Buch „Gemeinsam gegen Krebs – Naturheilkunde und Onkologie“ veröffentlichten, plädieren für einen ganz anderen und neuen Weg.  Sie beschreiben nicht nur eine Vision, sondern zeigen anhand von sehr konkreten Beispielen aus dem Behandlungsalltag in der Universitätsklinik Essen auf, wie die Verbindung von Naturwissenschaft und Naturheilkunde gelingen kann. Eine zentrale These des Buches: Es ist Zeit, mit den ideologischen Grabenkämpfen zwischen naturwissenschaftlicher Hochleistungsmedizin und Naturheilkunde aufzuhören. Denn beide sind zwei Seiten einer Medaille und können sich wirkungsvoll ergänzen und verstärken. Die Medizin verschenkt nach Auffassung von Dobos und Kümmel  derzeitig wichtige Chancen, die gerade in der Onkologie für die Patienten und die Wiederherstellung ihrer Gesundheit wertvoll und nützlich sein könnten.

Integrative Onkologie ist mehr als Schulmedizin mit ein wenig Naturheilkunde als „add on“ (Beigabe). Der Begriff „integrativ“ ist Synonym für  eine neue Interpretation des Verhältnisses zwischen Patient und Arzt. In der klassischen Onkologie geht oft die Aufforderung an die Kranken: Mischt Euch möglichst wenig in die Behandlung ein. Stört die Therapie nicht. Der Onkologe weiß schon, was er tut und was das Beste ist!. Der Patient ist ein passiv Leidender, kein aktiv Handelnder. Ganz anders das Verständnis der therapeutischen Beziehung in der integrativen Onkologie. Diese will Krebspatienten aktivieren und in das Therapiegeschehen mit einbeziehen, um sie zu „wachsamen und achtsamen Experten für sich selbst“ auszubilden. „In der integrativen Onkologie…. erhalten naturheilkundliche und traditionelle Heilverfahren eine neue Rolle, die vor allem darin besteht, die Betroffenen aus ihrer Hilflosigkeit herauszuholen, und sie dabei unterstützt, die Krankheit zu bewältigen. Auf diese Weise wird der Patient zum Partner des Arztes“.

Wie dieses neue Zusammenwirken von Naturwissenschaft und Naturheilkunde und die Verantwortungspartnerschaft zwischen Patient und Arzt konkret ausgestaltet werden kann, erfährt man im Buch von Dobos und Kümmel in ganz beeindruckender Weise. In sechs Kapiteln beschreiben die Autoren die derzeitige Situation der Krebsmedizin in Deutschland, zeigen die Möglichkeiten und Grenzen naturheilkundlicher Therapieverfahren auf und geben praktische Ratschläge und Tipps, was Patienten selbst tun können, um den Heilungsprozess zu gestalten, ihre Ängste zu bewältigen und aktive Rückfallprophylaxe zu betreiben. Gerade die Potentiale, die Naturheilverfahren bei der Bekämpfung der Nebenwirkungen von konventioneller Chemo-, Strahlen- und antihormoneller Behandlung eröffnen, werden ausführlich beschrieben und erläutert. Akupunktur kann Schmerzen, Angst und auch Übelkeit lindern. Kältehandschuhe sind ein wirkungsvolles Mittel gegen Nagelschäden oder Nervenschäden. Mind-Body-Medizin sensibilisiert die Körperwahrnehmung, reduziert Stress und hilft, das Gehirn auf Gesundheit zu programmieren.

Das Buch gibt ganz praktische Tipps, stellt Wirkstoffe und Wirkungsweise von Heilmitten und Behandlungsverfahren vor und  erläutert deren Eignung im Hinblick auf eine onkologische Therapie. Vorgestellt und empfohlen werden solche Methoden, deren Wirksamkeit in Studien, Labor- oder Tierversuchen belegt ist sowie solche, die diesen Wirksamkeitsnachweis zwar nicht führen, aber nachweislich auch keine Schädigungen hervorrufen.

Ausführlich gehen die Autoren auf molekularbiologische Testungen, Genexpressionsanalysen und Behandlungsstrategien ein, die nicht das Ausmerzen, sondern ein friedliches Nebeneinander von Tumor und gesundem Gewebe zum Ziel haben. Frauen, die von Brustkrebs betroffen sind, werden sicherlich mit Interesse im Kapitel „Fallbeispiele“ die Beschreibung des Pilotprojektes „SenoExpert“ lesen. Dieses Projekt wird seit 2010 von den beiden Autoren des Buches an den Kliniken Essen-Mitte als integrative Behandlungsoption angeboten. “Die Medizin muss wissenschaftlicher werden und trotzdem menschlicher“ so das Fazit von Dobos und Kümmel. Das bedeutet: Die Onkologie muss den Patienten genauso ernst nehmen wie wissenschaftliche Forschungsergebnisse und mit ihm ins Gespräch kommen. Denn die Motivation zur Therapie funktioniert nur über das Gespräch und die verständliche Erläuterung. 

„Gemeinsam gegen Krebs“ ist ein populär-wissenschaftliches Buch im besten Sinne des Wortes: Es richtet sich an alle – Patienten wie Ärzte, Gesunde wie Kranke -, bietet Orientierungshilfe zur Beurteilung der Seriosität von Heilangeboten und fordert dazu auf, selbst aktiv zu werden und vor allem eins zu tun: Miteinander zu sprechen. Das gilt für Patienten wie Ärzte gleichermaßen. Denn der Experte der Erkrankung ist der Arzt, der Experte des eigenen Körpers der Patient.


Gustav Dobos/Sherko Kümmel: Gemeinsam gegen Krebs. Warum Naturheilkunde und Onkologie zusammenarbeiten müssen, München 2011, 300 Seiten, Preis: 24,95 €, ISBN: 978-3-89883-265-6

 

 

 

Krebs – die Volkskrankheit verstehen, erkennen, behandeln, vermeiden

Rezension von Annette Kruse-Keirath

Was verbindet Michael Lesch, Edzard Hausmann, Manfred Stolpe, Janine Pietsch, Michael und Ulli Roth? Eine gemeinsame Diagnose:  Krebs!  Und die Tatsache, dass alle sechs dazu bereit waren,  im „Krebsbuch“, das die Deutsche Krebsgesellschaft (DKG) gemeinsam mit der Bildzeitung im Oktober des vergangenen Jahres herausgegeben hat, über ihre Erfahrungen  zu berichten.  Bei so viel Prominenz und entsprechender Promotion in den Medien greift man – insbesondere als „Bild- kritischer“  Leser - zunächst etwas zögerlich nach dem knapp 300 Seiten umfassenden Buch, das auf Anhieb in den Bestseller-Listen von Focus und Stern landete. 

Kann unter der  Regie von „Bild“ wirklich eine seriöse und fundierte Wissensvermittlung stattfinden? 
Die Intention des Ratgebers beschreibt Bild-Chefredakteur Kai Diekmann im Vorwort: „Bild will aufklären und Orientierung geben. Wir wollen Betroffene und Angehörige auf dem oft schweren und langen Weg vom Verdachtsmoment über Diagnose, Therapie bis hin zur Nachsorge begleiten. Wir wollen Fragen beantworten und damit Licht ins Dunkel bringen. Aber vor allem wollen wir eins: Mut machen!“
Und das gelingt dem  Buch sehr gut, für das  u.a. der Chef der Deutschen Krebsgesellschaft, Prof. Werner Hohenberger und der Europachef Onkologie des Pharmaunternehmens Pfizer, Dr. Andreas Penk,  als Herausgeber verantwortlich zeichnen.

Nach der Lektüre des Krebsbuchs, das auch für medizinische Laien leicht verständlich und reich mit Fotos und Schautafeln bebildert ist, so dass komplizierte medizinische Zusammenhänge wie z.B. die Wirkungsweise einer Chemo- oder Strahlentherapie einfach und nachvollziehbar erläutert werden, ist man angenehm „enttäuscht“.  Dem Bild-Krebsratgeber gelingt es – nicht zuletzt auch über die sehr persönlichen Erfahrungsberichte der prominenten Krebspatienten -, einen fundierten Überblick zu den „Krebsfakten“ und den unterschiedlichen Diagnostik- und Therapieverfahren zu geben. Eine kritische Bewertung der aktuellen Studienlandschaft kommt  ebenso wenig zu kurz wie die Sichtung von komplementärmedizinischen Behandlungsmethoden. 
In drei großen Kapiteln – „Krebs verstehen“, „Der Krebs und ich“, „Das Therapiehandbuch“ –  vermittelt das Krebsbuch einen Überblick zu dem, was wir heute über die Entstehung, Früherkennung und Behandlung unterschiedlicher Krebsarten und Krebsstadien wissen. So leistet es wertvolle Aufklärungsarbeit und kann gleichzeitig dazu beitragen, Ängste abzubauen, die den einen oder anderen  vielleicht daran hindern, an einer Früherkennungsuntersuchung teilzunehmen oder eine bestimmte Behandlung durchzuhalten. 


Das Buch verschweigt im zweiten Teil „ Der Krebs und ich“ auch nicht den Schock, den die Diagnose „Krebs“  nicht nur beim ersten Mal auslöst.  So beschreibt der ehemalige Ministerpräsident von Brandenburg , wie sein Krebs nach sieben Jahren mit Lebermetastasen zurückkehrte und gleichzeitig bei seiner Frau Brustkrebs diagnostiziert wurde: „ Meine Frau und ich haben uns daran gewöhnt, dass es nun in unserem Leben etwas gibt, das den Takt angibt. Der Krebs bestimmt unseren Terminkalender vor“, fasst der Politiker zusammen.  Regisseur Leander Haussmann geht in seinem Beitrag  „Wir haben unseren Vater zum Sterben nach Hause geholt“ kritisch mit den Medizinprofis ins Gericht:  „Manche Ärzte können es gar nicht abwarten, eine Prognose los zu werden. Ihr Herr Vater wird nicht mehr länger als sechs Monate leben, Herr Haussmann. Diesen Satz bekam ich ungefragt zu  hören“. 

Und die Schwimmerin Janine Pietsch, die 2008 mit 29 Jahren an Brustkrebs erkrankte, schildert nicht nur  die Nebenwirkungen ihrer Chemo- und Antihormontherapie („ich bin 29 Jahre alt und stecke mitten in den Wechseljahren“), die ihre  Sportlerkarriere beenden, sondern auch die Kehrtwende, die plötzlich ihr Leben veränderte: „Ich überlege, mein Abi nachzuholen und zu studieren, dafür war neben dem Sport nie Platz. Wo ich hinwill, weiß ich noch nicht genau. Ich stehe jetzt vor den Entscheidungen, vor denen  Achtzehnjährige nach der Schule stehen - nur mit der Lebenserfahrung einer Neunundzwanzigjährigen. Das ist doch auch nicht schlecht."

Die Diagnose Krebs ist oder muss heute kein Todesurteil mehr sein.  Die Erfolgschancen der Behandlung haben sich deutlich verbessert – das belegt das Buch in eindrucksvoller  Weise. Aber von diesen Fortschritten profitiert nur der, der umfassend informiert  ist und  die richtigen Wege zu gehen weiß. Das sind leider immer noch zu Wenige. Das Krebsbuch will und kann dazu beitragen, dass sich das ändert - nicht zuletzt deshalb, weil es dank „Bild“ auch Menschen erreicht, die sonst kaum aufgeschlossen gegenüber wissenschaftlicher Lektüre sind.


Sarah Majorczyk, Werner Hohenberger, Andreas Penk: Das Krebsbuch – die Volkskrankheit verstehen, erkennen, behandeln, vermeiden. Verlag Zabert Sandmann, München 2011, 281 Seiten, 14,95 Euro. ISBN 978-3-89883-312-7

 

 

 

Man sagt sich nicht nur einmal Lebewohl

 Rezension von Annette Kruse-Keirath

Seine Bücher, populär-wissenschaftlich geschrieben und dabei immer wissenschaftlich fundiert, wurden in Dutzende von Sprachen übersetzt, haben Millionen von Lesern und Leserinnen erreicht.  Denn die Botschaft, die der französische Psychiater David Servan-Schreiber in seinen Bestsellern: „Die neue Medizin der Emotion“ und „Das Anti-Krebsbuch“ verbreitete, war eine, die vielen Menschen aus dem Herzen sprach: Unser Körper kann mit schweren Erkrankungen fertig werden, wenn es uns gelingt, die Selbstheilungskräfte des Organismus zu aktivieren. Wir sind nicht passiv Leidende, sondern können selbst aktiv etwas gegen die Krankheit und für unsere Gesundheit tun!

Servan-Schreiber selbst war, so schien es über 19 Jahre, das beste und überzeugendste Beispiel dafür, dass man Krebs durch einen Antikrebs-Lebensstil überwinden kann. Der „Krebsarzt“ litt selbst an einem Gehirntumor

Allerdings: 2010 kehrte die Krankheit zurück – und zwar in einer sehr aggressiven, unheilbaren Variante, wie es Servan-Schreiber in seinem letzten, nach seinem Tod veröffentlichten Buch mit dem Titel: „Man sagt sich nicht nur einmal Lebewohl“ beschreibt. Dieses Buch, das nur 150 Seiten „dünn“ ist, ist vielleicht das persönlichste eines engagierten Wissenschaftlers und staunenden Forschers, der sich nach Ausbruch seiner Krebserkrankung immer bewusst war: „Früher oder später würde er zurückkehren, das wusste ich. Ich konnte Zeit gewinnen, gut und ohne Angst leben, ihn fast vergessen. Aber jetzt ist der Rückfall da. The Big one“.

Anfangs – im Juni 2010 - ist Servan-Schreiber zuversichtlich, den Krebs auch diesmal zu besiegen. Im MRT hat man eine „Riesenkugel“ festgestellt – mit Blutgefäßen durchzogen und raumfüllend. Der Onkologe glaubt an ein Ödem als zeitverzögerte Reaktion auf vorangegangene Bestrahlungen. Anlass für das Kernspin waren Symptome wie Kopf- und Rückenschmerzen und vorübergehende muskuläre Ausfallerscheinungen, die zu plötzlichen Stürzen führten. Doch die anfängliche Hoffnung – vielleicht auch die Verleugnung der im Inneren bereits bekannten Diagnose – ist trügerisch. Bald steht fest: Das Ödem ist ein Tumor – und zwar ein bösartiger.



Obwohl Servan-Schreiber seine Prognose nur zu gut kennt, nimmt er den Kampf gegen die Krankheit wieder auf, schaltet auf „Bewältigungsmodus“, wie er es nennt. Er lässt sich erneut operieren und radioaktive Kügelchen ins Gehirn einsetzen, die die Restzellen des Tumors zerstören sollen, unterzieht sich in Belgien einer speziellen, kräftezehrenden Impftherapie.  Das Glioblastom, Stadium IV, widersetzt sich allen Therapieversuchen - auch den komplementärmedizinischen – und schreitet voran. Dennoch, und das ist das Überzeugende an diesem Krankheitsbericht mit unabwendbarem Ausgang, gibt der Patient nicht auf, sondern behält seine „Selbstkompetenz“: die Fähigkeit, über sich selbst zu bestimmen. 

Auch seine Selbstzweifel. Wozu das alles? Sind die Methoden, die das Anti-Krebsbuch empfiehlt, vielleicht doch falsch, hat das Buch seine Gültigkeit verloren? Warum konnten sie nicht vor dem Rückfall schützen?

Diese Zweifel lässt Servan-Schreiber in seinem Buch genauso wenig aus wie die Frage: Wie reagiere ich, wenn der Tod kommt, wenn er vor mir steht?

 Sein letztes Buch will der Autor als Antwort auch auf diese Fragen verstanden wissen. Und es ist auch seine Art, Lebewohl zu sagen und sich von den  Menschen zu verabschieden, die ihm wichtig sind: von seiner Frau, seinen Kinder, seiner Familie und seinen Zuhörern und Lesern, denen er sich bis zuletzt verpflichtet fühlt. Sachlich und exakt beschreibt er die Stationen seiner Erkrankung und die damit verbundenen körperlichen Einschränkungen. Dass er den Krebs nicht besiegen, wohl aber sehr lange – entgegen der Prognose bei Erstdiagnose – leben und überleben konnte, bestärkt ihn in seiner Überzeugung: Ich habe es in der Hand, meinen Gesundheitszustand positiv zu beeinflussen.Und: „Man muss die eigene Gesundheit pflegen, sein seelisches Gleichgewicht pflegen, seine Beziehungen zu Menschen pflegen, die Erde um uns herum pflegen. Die Gesamtheit dieser Bemühungen trägt dazu bei, uns vor Krebs zu schützen, individuell und kollektiv, auch wenn es nie eine hundertprozentige Garantie geben kann“. 


Besonders beeindrucken zwei der letzten Kapitel des Buchs über die Liebe und die „Liebkosung des Windes“. Beide beschreiben auf eine sehr intime  Art und Weise Servan-Schreibers Auseinandersetzung mit dem Tod und dem Verlangen nach Unsterblichkeit. „Wenn ich nicht körperlich zurückkomme, vergiss nicht, dass jedes Mal, wenn du den Wind auf deinen Wangen spürst, ich es bin, der dir einen Kuss gibt“ zitiert er dort aus dem Brief eines Soldaten aus dem amerikanischen Bürgerkrieg.  Das Gefühl, das er sich wünscht mit seiner Familie – die jüngste Tochter ist gerade zwei Jahre alt - auch nach seinem Tod zu teilen, verbindet ihn auch mit allen, denen er im Kampf gegen den  Krebs Vorbild war. 
„Mein Bruder David starb acht Wochen, nachdem er dieses Buch vollendet hatte“, schreibt Emile Servan-Schreiber im Epilog.  „Die Art, wie er seinem Tod entgegenging, ist eine Lehre fürs Leben“.


David Servan-Schreiber: Man sagt sich nicht nur einmal Lebewohl. Kunstmann-Verlag, München 2012, 152 Seiten, 14,95 Euro. ISBN 978-3-88897-751-0

 

Cancer Woman

Rezension von Annette Kruse-Keirath

Ist ein Cartoon die angemessene Form, um die  Erfahrung „Brustkrebs“ zu beschreiben? So manche Brustkrebspatientin wird diese Frage spontan mit einem entschiedenen „Nein“ beantworten. Wer sich aber auf die besondere Art der Bilder- Geschichte von „Cancer woman“ einlässt, wird seine Meinung vielleicht doch ändern.  Marisa Acocella Marchetto hat mit dem Cartoon eine  ganz spezielle Form des Bildberichts gewählt, um ihre eigene Brustkrebsgeschichte zu erzählen. Ihr Buch, das bereits 2006 in den USA erschienen ist und dort mehrfach ausgezeichnet wurde, ist seit März 2012 in einer deutschsprachigen Version auf dem Markt.


Die Geschichte von Marisas Brustkrebs beginnt wie die einer modernen Großstadtfrau, die gerade den größten Glückstreffer in ihrem Leben gelandet hat: Der begehrteste Junggeselle New Yorks, Restaurantbesitzer Silvano Marchetto, hat der aufstrebenden Cartoonistin einen Heiratsantrag gemacht – und mitten in die Hochzeitsvorbereitungen platzt die Diagnose: Brustkrebs! Im Buch finden sich dafür starke Bilder: Plötzlich klingelt es an der Tür, und auf die Frage, wer da sei, schreit ihr ein furchterregender Schattenkopf entgegen: Dein Hochzeitskrebs, dein Karrierekrebs, dein Lebenskrebs!


Marisa Acocella ist 43 Jahre alt, als die Begegnung mit dem Krebs ihr Leben, das von der Jagd nach Erfolg, Parties, Beauty und Bettgeschichten bestimmt war, völlig umkrempelt. Statt in Lethargie und Depression zu verfallen, nutzt die Cartoonistin ihr Kreativ-Kapital und verfasst eine Comic-Erzählung ihrer eigenen Krebserkrankung – in ausdrucksstarken Bildern, ironisch distanziert, witzig im Ton,  ohne Sentimentalität und mit Sinn für Situationskomik. So dudelt aus der Telefonwarteschleifen ihres Onkologen die Botschaft „staying alive“, ein Tapetenmuster in einem Café erinnert sie an Sprechblasen, die nur noch eines rufen: Cancer, Cancer.  Und urweibliche Furcht davor, dass das Haar nicht richtig sitzen könnte (bad hair day) verändert sich bei Marisa Acocella zum Grauen vor dem „no hair day“.


Das Buch hat neben der eigenen Krankheitserfahrung aber auch eine sozialkritische Seite. So fragt sich Marisa Acocella Marchetto, wie es überhaupt zu Brustkrebs kommt. Können nicht vielleicht auch die vielen Stromleitungen neben den Grundschulen Schuld daran sein – oder die nicht sanierten Giftmülldeponien in den nach außen hin so adretten Vorstadtsiedlungen? Und wie kommt eine Frau ohne Krankenversicherung mit einer Brustkrebserkrankung zurecht. Sie, die mehr oder minder erfolgreiche Cartoonistin, die selbst im Moment ihrer Erkrankung ohne Versicherung ist,  merkt plötzlich, wie wichtig diese Belange des Lebens sind. Denn nun muss sie verzweifelt Ärzte und Krankenhäuser abtelefonieren, um überhaupt behandelt zu werden – und ohne die finanzielle Unterstützung ihres zukünftigen Mannes hätte sie die Rechnungen nicht bezahlen können.

Aus diesem Grund hat sie einen Fond gegründet, in den Teile des Verkaufserlöses einfließen, mit dem jährlich rund 250 unversicherten Frauen eine Mammografie ermöglicht wird – „denn entdeckst du Brustrebs früh, hast du eine 98prozentige Überlebensrate“, so Marisa Acocella Marchetto. 
Zugegeben: Ein Cartoon ist nicht jederfraus Sache, um über eine Krebserfahrung zu berichten. Aber niemand, der das Buch von Marisa  Marchetto liest oder einfach nur durchblättert, kann sich dem Eindruck der starken, einfachen und farbigen Bilder entziehen, in denen die Autorin nicht nur ihre Geschichte, sondern auch ihre Gefühle und ihre Verzweiflung  beschreibt. Und vielleicht liegt es gerade daran, dass dieser Comic auf seine ganze besondere Art auch Menschen erreicht, die sich sonst nie mit dem Thema "Brustkrebs" beschäftigen würden.

Marisa Acocella Marchetto: Cancer Woman: Eine wahre Geschichte. Atrium-Verlag, Hamburg 2012, 224 Seiten, 22,95 Euro. ISBN 978-3-85535-507-5

Oben ohne: Die Entscheidung zu leben

 

Rezension von Annette Kruse-Keirath

Ein spektakulärer Titel - eine professionelle Vermarktung, ein bewegendes und kontrovers zu diskutierendes Thema! Kann dabei ein lesenswertes Buch herauskommen? Die Antwort: Ja! Evelyn Heeg hat ein mutiges und ent-tabuisierendes Buch geschrieben - das provoziert, anrührt, ermutigt und manchmal auch desillusioniert, das aber in jedem Fall Mut macht zu einem selbstbestimmten Leben.

Das Buch erzählt zwei Geschichten: Die von Evelyn, die eine Entscheidung treffen muss, ob sie mit dem Risiko eines familiären Brustkrebsrisikos  - der "tickenden Zeitbombe" leben will - und die einer Familie, in der Brustkrebs stattfindet, aber tabuisiert wird.

Als Evelyn weiß, dass sie das vielleicht "tödliche Gen BRCA1" als Erblast in sich trägt, trifft sie eine mutige Entscheidung: Um zu leben, will sie auf ihre Brüste verzichten. Das stößt bei ihrer Umwelt manchmal auf Unverständnis. Viele bewundern aber den Mut zu dieser radikalen Entscheidung. Für Evelyn Heeg selbst ist die Operationsentscheidung mit einer ehrlichen Auseinandersetzung mit ihrer Familiengeschichte verbunden. Und zu Tage tritt das Leid und die Überforderung eines "verwaisten Kindes", das funktionieren muss, weil die Mutter plötzlich nicht mehr da ist. Danach steht für Evelyn fest: "Ich will leben - wenn es sein muss - ohne Brüste! Die Entscheidung zur Entfernung von noch gesunden Brüsten ist somit nur konsequent, wenngleich schmerzvoll. Nach der Brustentfernung liegt das Risiko für Brustkrebs nur noch bei einem Prozent, versichern die Ärzte. "Dass Krebs in meiner Familie endlich aufhört" ist das Anliegen von Evelyn Heeg. "Meine Mutter hatte keine Chance, ihn zu verhindern. Ich hatte diese Chance. Dafür bin ich sehr dankbar."

Evelyn Heeg, Oben ohne: Die Entscheidung zu leben, Krüger Verlag, Frankfurt, 14,95 Euro, ISBN-10: 3810509396, ISBN-13: 978-3810509390

Tod einer Untröstlichen

Rezension von Annette Kruse-Keirath

Es ist ein mutiges, vielleicht auch gefährliches literarisches Unterfangen, wenn der schreibende Sohn einer weltweit bekannten Schriftstellerin, glühenden Feministin und engagierten Aktivistin für Frauenrechte über die letzten Lebensmonate seiner Mutter und ihr Sterben scheibt. Noch dazu dann, wenn das Verhältnis zwischen beiden keineswegs immer ein ungetrübtes und herzliches, sondern eher ein kompliziertes war. 

Der Journalist David Rieff hat diesen Versuch unternommen und unter dem Titel: „Tod einer Untröstlichen“ ein leises, unaufgeregt distanziertes, gleichzeitig menschlich ergreifendes und literarisch überzeugendes Buch über das Sterben seiner Mutter, Susan Sontag, geschrieben.

Der Sohn beschreibt einfühlsam den Weg von der Diagnose Leukämie, die Susan Sontag in einer unheilbaren Variante ereilt, bis zu den letzten Lebenstagen im Krankenkaus. Susan Sontag akzeptiert die Diagnose, weiß sie doch nach überstandener Brustkrebser-krankung und überlebtem Gebärmuttersarkrom als Spezialistin der eigenen Gesundheit um die Bedeutung der drei Buchstaben MDS (myelodysplastisches Syndrom). „Was sie mir sagen“ zitiert Rieff die Mutter, „heißt also, dass man tatsächlich nichts tun kann- dass ich nichts tun kann“. 



Doch die große Kämpferin, die den Krebs schon mehrfach überlebt hat,  fügt  sich nicht in das vermeintlich Unabänderliche und Unausweichliche, verfällt nicht in Depression und schiebt Abschiedsgedanken weit von sich. Aus einer schier unerschöpflichen Gier nach Leben, wie es der Sohn in der Rückschau zusammenfasst,  unterzieht sie sich einer Chemotherapie – auch auf die Gefahr hin, den mitgenommenen Körper noch weiter zu schwächen. Minutiös beschreibt David Rieff, wie sich seine Mutter getreu ihrem Lebensmotto: Wissen ist Macht – auch zur Expertin ihrer letzten Krankheit entwickelt. Sie recherchiert, liest Studien, durchforstet das Internet in journalistischer Akribie – so als ließe sich die Leukämie hierdurch beherrschen.

Diese Suche war der verzweifelte Versuch, so die Interpretation des Sohnes, etwas zu erlangen, worauf zum Tode Verurteilte hoffen: Strafmilderung. 

Auch als die Chemotherapie misslingt, ist Susan Sontag nicht dazu bereit, die Tatsache ihrer Endlichkeit zu akzeptieren. Zwischen Mutter und Sohn beginnt mit dem Fortschreiten der Erkrankung eine Art verbales Versteckspiel. Obwohl er von der Endgültigkeit der Diagnose und den geringen Chancen auf Heilung überzeugt ist, belügt David Rieff seine Mutter. Susan Sontag, die Frau mit dem unbändigen Hunger nach Wahrheit,  hört nur  noch das Echo ihrer eigenen Glaubenssätze, erfährt nur noch das, was sie hören möchte – nicht mehr die objektive medizinische Wahrheit.  „Meine Mutter hatte sich stets als eine Person mit einem unstillbaren Hunger nach Wahrheit gesehen. Nach der Diagnose blieb ihr der Hunger erhalten, aber nun verlangte sie nach dem Leben und nicht nach der Wahrheit.“



Einfühlsam, detailliert, aber immer mit respektvoller Distanz vor ihrer Persönlichkeit schildert David Rieff das körperliche und seelische Leiden seiner Mutter. Gerade in der letzten Phase ihres Lebens entwickelt sie – im Spannungsfeld zwischen dem Glauben an die Wissenschaft und der Hoffnung auf die Magie des Heilers ein sehr intensives und vertrauensvolles Verhältnis zu ihrem betreuenden Arzt, der ihr ein sanftes Sterben ermöglicht. In das Leben dieser rationalen Frau tritt plötzlich eine neue Kraft: der Glaube an das Unmögliche.



David Rieff hat ein sehr persönliches und gleichzeitig für viele wichtiges Buch geschrieben. Es ist auch ein Plädoyer dafür, dem Tod und dem Sterben im Leben mehr Platz zu geben und den Tod als Teil des Lebens zu akzeptieren. In der Mutter-Sohn-Beziehung bleibt das Sprechen über den Tod ein Tabu. „Es war ihr Tod, nicht meiner. Und sie sprach es nicht an. Es anzuschneiden, wäre dem Eingeständnis gleichgekommen, dass sie sterben könnte, während sie nur eines wollte: Überleben, nicht vergehen – überleben unter allen Umständen. Vielleicht war dieses Weiterleben wollen ihre Art zu sterben.“
 
David Rieff:  Tod einer Untröstlichen – Die letzten Tage von Susan Sontag
Hanser-Verlag, 2008, ISBN 978-3-446-23276-1, Preis: 17,90 €

Zwillingskrebs


Zwillingskrebs. Ein Schicksal, zwei Geschichten - von Ingrid und Renate Müller 



Rezension von Annette Kruse-Keirath

Zwillinge –gerade eineiige- haben eine besondere Beziehung zueinander. Gleiche Gene, auch äußerlich zum Verwechseln ähnlich, steht ihr Leben oft im Spannungsfeld zwischen Nähe und Abgrenzung, zwischen Symbiose und Selbstbehauptung. Renate und Ingrid Müller, beide Journalistinnen, die ihre Brustkrebsgeschichten jetzt in einem gemeinsamem Buch veröffentlich haben, kennen aber auch das Gefühl von Nähe und Vertrautheit, das Zwillinge ein Leben lang untrennbar miteinander verbindet.  „Bis 2008“, so heißt es im Vorwort, „verlief  unser Leben unbeschwert“. Dann ereilt beide im Abstand von wenigen Monaten und im Alter von 43 Jahren die Diagnose: Brustkrebs.


Wer in diesem Buch, das sich ähnlich wie die Geschichte der beiden Handball-Zwillinge, Michael und Ulli Roth, die  2009 mit 47 Jahren an Prostata-Krebs erkrankten, bereits kurz nach Erscheinen großen Medieninteresses erfreute, neue wissenschaftliche Erkenntnisse erwartet, wird enttäuscht. Es ist eher die spannend und auch einfühlsam geschriebene Geschichte zweier Schwestern, die sich jede auf ihre Weise dem Brustkrebs stellen und dem Feind in ihrem Körper den Kampf ansagen. Ingrid, die um zwei Minuten jüngere der beiden, die  zwei Monate nach ihrer Schwester erkrankt, begleitet Renate von Anfang an. Die hat – und mit dieser Episode beginnt das Buch – den Knoten in der Brust nicht selbst getastet. Eine One-night-stand-Bekanntschaft, Markus, hat die Veränderung in der Brust bemerkt und Renate geraten, das unbedingt abklären zu lassen.  Die Journalistin befolgt den Rat ihrer Zufallsbekanntschaft und erhält im September 2008 die Diagnose, im Dezember 2008 dann auch ihre Schwester Ingrid.


Das Erstaunliche: Bei beiden ist es kein erblich bedingter Brustkrebs, also ein Krebs der in der Familie liegt. „Es ist ein Tumor, der von den Drüsenlappen ausgeht, das kommt seltener vor, denn in rund 85 Prozent bildet er sich in den Milchgängen. Ihre Krebsvariante ist nicht leicht zu entdecken, aber genauso gut zu behandeln wie andere Formen, und sie hat keine schlechtere Prognose“, erklärt die Ärztin.
Was folgt ist der übliche Therapiemarathon – Operation, Bestrahlung, Chemotherapie. Während dieser Zeit sorgt sich Ingrid um die Schwester, die sie als hilflos und müde erlebt. „Am Vormittag trottet und schleicht sie durch die Wohnung, als schlüge schon bald ihre letzte Stunde, als arrangiere sie sich mit ihrem Schicksal“. Sie hat das Gefühl, mit Renate einen unsichtbaren Kampf ausfechten zu müssen, weil ihre Art der Krankheitsbewältigung eine andere ist: „Ich will dieser Krankheit etwas entgegensetzen. Bei Renate kann ich solche Anzeichen nicht erkennen“  heißt es im Kapitel „Höllensturz“.


Eindringlich und doch auf ganz unsentimentale Weise schildert das Buch in 12 Kapiteln den „persönlichen Kreuzweg“ der Schwestern mit Erfahrungen, die beide sicherlich mit sehr vielen Brustkrebspatientinnen teilen: Angst, Verzweiflung, Mutlosigkeit, Hoffnung und Trauer, aber auch dem Willen zu leben. Das, was diese Krebsgeschichte von anderen unterscheidet, sind die Auswirkungen der Erkrankung auf die Beziehung zwischen den Geschwistern – die Zwillingskomponente. Äußerlich gleich und gleiche Gene heißt nicht gleiche Krankheitsbewältigung.Eine Erkrankung wie Brustkrebs kann sehr vertraute Menschen voneinander entfernen. Renate und Ingrid Müller beschreiben diesen  Weg voneinander weg und wieder zueinander hin. Nicht als Modell oder Rezept, sondern als persönliche Erfahrung. Sie machen sich stark für ein Annehmen der Erkrankung mit Mut und Optimismus. „ Der Krebs hat uns erst getrennt und dann auch wieder zusammengebracht. So nah wie nie. Dafür bin ich dankbar“ beschreibt Ingrid Müller resümierend die letzten zwei Jahre der Zwillingsbeziehung.

 

Und beide sind davon überzeugt: Ein wichtiges Überlebens-Elixier ist auch Humor als die Kunst, sich selbst nicht allzu ernst und zu wichtig zu nehmen und sich so auch von sich selbst zu distanzieren. Sichtbar wird das in den Illustrationen des Buches, die von Achim Greser, dem bekannten Karikaturisten der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, stammen. „Gratuliere, es ist Krebs“ so heißt es in der Graphik zum Kapitel, in dem die Schwestern von ihrer Diagnose erfahren. Das ist  auf den ersten Blick sicherlich „starker“ Tobak und gewöhnungsbedürftig und auch nicht jedermanns Sache – im Verlauf der Lektüre wachsen aber Text und Bild zu einer Einheit zusammen. So wird daraus ein Buch, das nicht immer nur ernst, aber durchaus ernst zu nehmen ist.

Ingrid und Renate Müller: Zwillingskrebs. Ein Schicksal, zwei Geschichten,Rowohlt-Taschenbuch-Verlag, Reinbeck, April 2011, 283 Seiten, 
ISBN 978499627071, Preis: 11,99 €

Sachsen

 

 

Angelika Behrens                                 

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und Gesprächen jeden 3. Mittwoch im Monat um 15.30 Uhr im Brustzentrum,

Liebigstraße 20a, Raum Otto-Huebner D 1008.

 

Ausführliche Informationen finden Sie hier: http://sachsen-allianz-gegen-brustkrebs.de

 

 

 

 

Franken

 

 

 

Edith Rabenstein 

Mitglied des Vorstands                                                                                                

franken(ät)allianz-gegen-brustkrebs.de    

Tel: 09842 936 012

 

 

 

 


Edeltraud Schmidt

Mitglied des Vorstands

schmidt(ät)allianz-gegen-brustkrebs.de

Tel: 09842 951 211

 

 

 

Informationen zu den Treffen im Brustzentrum Main-Tauber in der Missonsärztlichen Klinik in Würzburg  hier:

Berlin

 

 

 

 

 

Ulla Ohlms

berlin(ät)allianz-gegen-brustkrebs.de

Tel: 030 897 339 55

 

Ulla Ohlms ist Ihre Ansprechpartnerin in Berlin und berät Patientinnen und Interessierte telefonisch oder per Email.

Sie ist die  1. Vorsitzende der Stifung PATH - Patienten Tumorbank der Hoffnung.

Sachsen-Anhalt

 

Christel Schwerin

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Tel: 039007 789

 

 

 

 

 

Christel Schwerin ist Ihre Ansprechpartnerin in Sachsen-Anhalt und berät Patientinnen und Interessierte telefonisch oder per Email.

Rheinland-Pfalz

 

 

Susanne Holzhäuser

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Tel.  02623 / 9 25 94 36                                

Fax  02623 / 9 25 94 37

 

 

 

 

Susanne Holzhäuser unterstützt die Arbeit der Allianz-gegen-Brustkrebs in Rheinland Pfalz, indem sie telefonisch und per Email Fragen beantwortet.

Sie bringt als onkologisch weitergebildete medizinische Fachangestellte und Managerin einer Praxis für Allgemeinmedizin mit Schwerpunkt TCM, Akupunktur und Naturheilverfahren langjährige Beratungserfahrung und  fundiertes Wissen im Bereich Brustkrebs ein.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Biomarker ermöglichen Rezidivprognose nach Hormontherapie

2. August 2013

Welche Patientinnen mit östrogenrezeptor-positivem Brustkrebs profitieren im Anschluss an eine fünfjährige Therapie mit Tamoxifen von einer Weiterbehandlung mit einem Aromatasehemmer und welche nicht? Diese Fragestellung untersuchten jetzt erneut amerikanische Wissenschaftler vom Massachusetts General Hospital in Boston.

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Gifhorn

In Gifhorn kooperiert die Allianz gegen Brustkrebs mit einer Gruppe von Frauen, die regelmäßig Veranstaltungen zu verschiedenen aktuellen Themen organisiert.

 

Alltagshelden gesucht

Die Kasseler Bank wurde 150 und feierte dieses große Jubiläum mit Bürgern, die sich für andere Menschen engagieren. Unter dem Motto „Alltagshelden gesucht“ konnten Menschen mit ehrenamtlichem Engagementihr Projekt und ihre Arbeit vorstellen. Insgesamt gab es  Geldpreise im Gesamtwert von 150.000 Euro zu gewinnen.

 

 

Das Regionalteam Kassel der Allianz gegen Brustkrebs hat sich am Wettbewerb beteiligt – wie  480 weitere Bewerber – und landete in der Kategorie „Mensch und Gesellschaft“  in der Gruppe derersten 10 Gewinner.  

Der Gewinn von 150.- Euro hilft nun dabei, die Kosten unseres Engagements zu tragen.

 

 

Fotos:

 

 

 Preisverleihung im Rahmen einer Feierstunde in der Hauptstelle der Kasseler Bank am 20. Mai 2014.

Gewinnurkunde