Chemotherapie ja oder nein - Biomarker helfen bei der Behandlungsentscheidung

4. Juli 2013
Ist eine Chemotherapie zur Vermeidung des Rückfalls sinnvoll und notwendig? Oder kann auf die belastende Behandlung mit Zellgiften unter Umständen verzichtet werden? Eine Antwort auf diese Frage gibt die Chemo-N0-Studie, deren Ergebnisse kürzlich veröffentlich wurden. 

Hier zeigte sich: Bei 50 Prozent der Frauen, deren Brustkrebs die Lymphknoten noch nicht befallen hat (nodal-negativ=N0) kann auf eine unterstützende Chemotherapie verzichtet werden, wenn der uPA/PAI-1 Test niedrige Werte zeigt.

Schon lange weiß die Medizin, dass Plasominogenaktivatoren vom Urokinasetyp (uPA) – das sind bestimmte Eiweiße – und ihr Gegenspieler PAI (Plasminogenaktivator-Inhibitor) beim Eindringen von Tumorzellen in das umliegende Gewebe eine wichtige Rolle spielen. Finden sich bei Brustkrebs im Frühstadium viele dieser Eiweiße im Tumorgewebe, so deutet das auf ein erhöhtes Rückfall- bzw. Metastasierungsrisiko für die Patientin hin. Fallen die  Testwerte dagegen niedrig aus, kann den betroffenen Frauen eine Chemotherapie erspart werden – und zwar ohne dass sich ihr Risiko erhöht, erneut zu erkranken.

An der Chemo-N0-Studiedie als erste prospektive Studie den Nutzen von Biomarkern bei der Therapieplanung über einen längeren Zeitraum testen sollte,  nahmen  fast 650 Patientinnen mit nodal-negativem Brustkrebs teil.  Nach Auskunft von Studienleiterin Prof. Nadja Harbeck zeigt die Analyse der Studiendaten: Patientinnen mit niedrigen uPA/PAI-1 Werten haben eine sehr gute Prognose für ein rückfallfreies Überleben.  So waren 87 Prozent dieser Frauen nach zehn Jahren krankheitsfrei – und zwar ohne dass sie mittels Chemotherapie behandelt wurden.  

Auch die Rezidivraten unterscheiden sich: Patientinnen mit hohen Werten erkrankten 23 Prozent innerhalb von 10 Jahren erneut,  in der Gruppe der Frauen mit niedrigen Werten erlitten nur 12,9 Prozent einen Rückfall. Das bedeutet: Das Rückfallrisiko ist bei hohen uPA/PAI-1 Werten im Tumorgewerbe um das 1,84fache gegenüber den niedrigen Werten erhöht.

Die Studie bestätigte auch, dass Patientinnen mit erhöhtem Rezidivrisiko von einer adjuvanten CMF-Chemotherapie (Cyclophosphamid, Methotrexat plus 5-Fluorouracil) profitieren.  Die Patientinnen, die mit einer Chemotherapie behandelt wurden erlitten in 21,3 Prozent der Fälle (n=91) einen Rückfall. In der Kontrollgruppe (n=90), bei denen keine Chemotherapie durchgeführt wurde, lag die Rezidivrate bei 32.1 Prozent.

Die neuen Studienerkenntnisse haben nach inzwischen auch Eingang in die Interdizisplinären Leitlinie für Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms" von 2012“ gefunden.Hier heißt die Empfehlung (Empfehlungsgrad 0, Level of Evidence 1a) nun:

"Bei niedriger uPA/PAI-1-Konzentration kann insbesondere Patientinnen mit nach traditionellen Kriterien unklarem Rezidivrisiko (G2) eine adjuvante Chemotherapie erspart werden… Und: "Die prognostische Aussagekraft von uPA und PAI-1 ist ausschließlich bei Bestimmung mittels ELISA im Gewebeaufschluss aus frischem oder tiefgefrorenem Tumorgewebe (200-300 mg) validiert."

Allerdings – hierauf weist Studienleiterin Prof. Harbeck ausdrücklich hin – gelten diese Empfehlungen nur Patientinnen, deren Brustkrebs HER2-Neu negativ ist.  In der Studie wurde nämlich der HER2-neu Status noch nicht erhoben. (akk)

Literatur: N. Harbeck, M. Schmitt, C. Meisner, C. Friedel, M. Untch, M. Schmidt, C.G.J. Sweep, B.W. Lisboa,M.P. Lux, T. Beck, S. Hasmüller, M. Kiechle, F. Jänicke, C. Thomssen: Ten-year analysis of the prospective multicentre Chemo-N0 trial validates American Society of Clinical Oncology (ASCO)-recommended biomarkers uPA and PAI-1 for therapy decision making in node-negative breast cancer patients, Eur JCancer 2013; 49 (8): 1825-1835).