Tumorschmerz - Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin veröffentlicht erste Praxis-Leitlinien zu Durchbruchschmerzen

16. August 2013

„Ich weiß jetzt, dass ich in naher Zukunft an meinem Krebs sterben muss! Aber muss ich bis dahin aufgrund meiner Schmerzen auch noch die Hölle auf Erden erleben?“ Dieses Zitat einer Patientin mit Eierstockkrebs beschreibt die Erfahrung vieler Krebspatienten.

Nach Schätzungen der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin (DGS) leiden 80 Prozent aller Tumorpatienten im Verlauf der Erkrankung unter Schmerzen. Wiederum 80 Prozent der Betroffenen sind von tumorbedingten Durchbruchschmerzen betroffen, die blitzartig auftreten, sehr stark sind und von den meisten Patientinnen und Patienten als unerträglich beschrieben werden.

Gerade diese Schmerzart wurde in der bisherigen Schmerztherapie eher vernachlässigt. Denn es gab weder einheitliche Definition für den Durchbruchschmerz noch Leitlinien für dessen Behandlung.  Dieses Manko soll die neue Praxisleitlinie der DGS beseitigen, die kürzlich vorgestellt und veröffentlicht wurde.  Auf über 180 Seiten haben mehr als 250 Schmerzmediziner nun ihr Wissen und ihre Erfahrung in Empfehlungen für die Behandlungspraxis verdichtet.  Ziel der Behandlung muss es nach übereinstimmender Auffassung der Experten sein, nicht zu erst dann zu handeln, wenn der Durchbruchschmerz bereits aufgetreten ist, sondern diesem Schmerzereignis durch eine Rund-um-Betreuung möglichst präventiv zu begegnen.

Dafür stehen heute wirksame opiathaltige Schmerzmittel zur Verfügung der WHO-Stufe III zur Verfügung, die das Schmerzempfinden bei Durchbruchschmerzen schnell und  nicht erst zeitverzögert (retardierende Wirkung) blockieren. Medikamente mit schnellen Wirkeintritt sind, so die Leitlinien, als Bedarfsmedikation bei Durchschmerz die erste Wahl.  Insbesondere sollten hier die fentanylhaltige Arzneimittel zum Einsatz kommen, die über die Mund-oder Nasenschleimhaut aufgenommen werden können.  Die optimale Dosis sollte dabei immer stufenweise an die Bedürfnisse des Patienten angepasst werden (inidividuelle Titration).

Wie es im Vorwort heißt, richtet sich die Praxisleitlinie nicht nur an Ärzte und Pflegekräfte, die von Berufs wegen mit der Versorgung von Patienten mit Tumorschmerzen befasst sind. Vielmehr geht es auch darum, den Betroffenen selbst,  ihren Angehörigen und den in der Palliativversorgung Tätigen profundes Wissen über die medizinischen Möglichkeiten einer effizienten Schmerztherapie an die Hand zu geben. Deshalb liegt die Leitlinie auch in zwei unterschiedlichen Versionen, einer für Fachkreise und einer für Patienten vor.

Beide Fassungen untergliedern sich in sieben Kapitel, die sich mit der Definition des Durchbruchschmerzes, seinem Auftreten, den diagnostischen Möglichkeiten, der Beschreibung der klinischen Merkmale, gesundheitsökomonischen Aspekten, geeigneten Behandlungstrategien  und im Kapitel „sonstiges“ auch mit den Rechtsansprüchen von Patienten beschäftigen.  Die Leitlinien enthalten auch einen speziellen DGS-Praxisfragebogen,  durch dessen Anwendung die Diagnostik erleichtert und die Therapiesicherheit im Praxisalltag verbessert werden soll. (akk)

Literatur: Beide Leitlinien stehen unter http://www.dgs-praxisleitlinien.de/index.php/mitmachen/praxisleitlinien/tu/hin/ als Download zur Verfügung