Krebstherapie-Chemotherapie schadet bei verändertem Gen p53

11. Juli 2013 

Ist das Gen p53 bei Krebspatienten verändert, spricht der Tumor nicht nur schlechter auf eine Chemotherapie an, sondern sie kann dem Patienten sogar schaden. Das ist das Ergebnis mehrerer Studien mit über 600 Patienten, die kürzlich auf dem 54. Österreichischen Chirurgenkongress in Wien vorgestellt wurde.

Wie Studienleiterin Prof. Daniela Kandioler von der Chirurgischen Universitätsklinikum der Medizinischen Universität Wien erläuterte, konnte in den Untersuchungen eine klare Wechselwirkung zwischen dem Gen-Marker und dem Ansprechen auf eine Chemotherapie nachgewiesen werden. Denn eine Veränderung des p53 Gens ist entscheidend dafür, ob eine Behandlung mit Zytostatika dem Patienten nutzt oder schadet.

Die Wiener Wissenschaftler untersuchten Patienten mit Darmtumoren, die bereits Tochter-geschwulste in die Leber abgesiedelt hatten. Alle Studienteilnehmer befanden sich im gleichen, operablen Tumorstadium. Eine Gruppe wurde zunächst mit einer Chemotherapie auf die Operation vorbereitet, die andere wurde nur operiert.  Das Ergebnis: Die Patienten, die nur operiert wurden, überlebten auch dann, wenn das p53 Gen verändert war, genauso lange wie die mit unverändertem Gen.  

Bei denjenigen, die zuvor mit einer Chemotherapie behandelt wurden, war der p53 Markerstatus allerdings ein signifikantes Unterscheidungsmerkmal. Patienten mit verändertem Gen hatten gegenüber denen mit intaktem Gen ein fünffach erhöhtes Mortalitätsrisiko.  Nach fünf Jahren lebten von den Tumorpatienten, deren p53 Gen verändert war, nur noch 22 Prozent. Die Überlebensrate bei Patienten mit unverändertem Gen lag dagegen bei 60 Prozent.  

Ähnliche Ergebnisse zeigte eine Untersuchung bei Patienten mit Speiseröhrenkrebs: Patienten mit intaktem p53-Gen überlebten bei gleicher Behandlung im Schnitt um 1,5 Jahre länger als die jenigen, bei denen das Gen verändert war.  iesen Patienten schadete die Therapie sogar.  Prof. Kandioler interpretiert die Ergebnisse der Untersuchungen dahingehend, dass eine Chemotherapie bei Patienten mit verändertem p53 Gen eindeutig schadet und damit kontraproduktiv ist. " Denn das Gen bestimmt, ob Tumorgewebe angegriffen wird oder auch normale Zellen in den "programmierten Zelltod" getrieben werden“, so die Wiener Krebsexpertin.

Die Bestimmung des Gen-Marker p53 im Tumorgewebe ermöglicht nach Einschätzung der Wiener Wissenschaftlicher nicht nur die Prognose über die Wirksamkeit einer Chemotherapie beim getesteten Tumor, sondern kannn auch die Patienten herausfiltern, denen eine Zytostatika-Behandlung schadet. Zu verdanken ist dies vor allem den neuen hochsenisitiven Gensequenzierungsverfahren. Das Testverfahren wurde in Studien  jetzt zunächst bei Speiseröhren-krebs, Lebermetastasen und Dickdarmkrebs angewandt. Studienleiterin Kandioler ist jedoch sicher, dass der Marker bei allen Krebsarten wirksam ist. Für Brustkrebs gehen die Forscher von einer Häufigkeit der Genveränderung für p53 bei  15 bis 20 Prozent  der Patientinnen aus. Bedeutung hat die Testung aber nicht nur für die Chemo-, sondern auch für die Strahlentherapie. Bei Enddarmkrebs ist z.B. bei 50 Prozent der Patienten das p53 Gen verändert. Das könnte nach Auffassung von Prof. Kandioler bedeuten, dass diese Patienten sinnlos bestrahlt wurden. Die Wiener Studiengruppe ist sicher: "Mithilfe des Verfahrens kann einerseits die Effizienz von Krebstherapien sprunghaft gesteigert und gleichzeitig auch das Risiko für den Patienten reduziert werden", so Prof. Kandioler. (akk)