Gut informiert und selbstbestimmt – neuer Ratgeber informiert über Patientenrechte

6. Juli 2013

Seit Januar 2013 ist das neue Patientenrechtegesetz in Kraft.  Jetzt ist ein Ratgeber erschienen, der auf 60 Seiten in gut verständlicher Sprache über die Rechte von Patienten sowie die Aufklärungs- und Dokumentationspflichten von Ärzten informiert. 

Die Infobroschüre, die vom Bundesjustizministerium gemeinsam mit dem Bundesgesundheitsministerium und dem Patientenbeauftragten der Bundesregierung herausgegeben wurde, gliedert sich in drei große Themenbereiche.

Ein erstes Kapitel beschäftigt sich mit den Rechten von Patienten bei der medizinischen Behandlung. Die Broschüre stellt die Voraussetzungen dar, unter denen überhaupt ein Behandlungsvertrag (seit Januar 2013 gibt es dazu ein eigenes Kapitel im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) zustande kommt und welche Rechte und Pflichten sich daraus  Arzt und Patienten ergeben. So muss der Arzt einen Patienten nach den allgemein anerkannten fachlichen Standards behandeln, schuldet aber keinen Heilungserfolg. Im Umkehrschluss steht dem Arzt oder anderen Therapeuten aber auch eine Vergütung seiner Leistung zu – entweder über das Sachleistungsprinzip in der gesetzlichen Krankenkasse oder durch eine Privatrechnung bei Privatversicherten und Selbstzahlung.

Ausführlich geht der Ratgeber im Folgenden auf die Aufklärungs- und  Doku-mentationspflichten von Ärzten und anderen medizinischen Therapeuten ein. So hat der Patient das Recht, über alle für ihn und seine Erkrankung in Frage kommenden Diagnostik – und Therapieverfahren aufgeklärt zu werden. Und zwar auch über solche, die derzeit nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen gehören. Zudem muss der Arzt alle Risiken einer Untersuchung oder Behandlung im Aufklärungsgespräch benennen und erklären und auch über die Kosten einer Selbstzahlerleistung im Vorfeld aufklären.  Eine schriftliche Aufklärung – darauf weist der Ratgeber explizit hin – reicht als Aufklärungs-gespräch nicht aus.  Nur das persönliche Gespräch zwischen Arzt und Patient erfüllt die Auflagen des Patientenrechtegesetzes.  Auch ein Aufklärungsgespräch unter Zeitdruck ist ein No go. Das Gesetz verlangt, dass die Aufklärung sich nach der Dringlichkeit sowie Art und Umfang der geplanten medizinischen Maßnahme richtet. Bei größeren Eingriffen sind das mehrere Tage, damit der Patient die Möglichkeit hat, eine Zweitmeinung einzuholen (diese muss nicht kostenfrei sein!). Bei  einer Impfung kann die Aufklärung auch unmittelbar vor dem Piks erfolgen. Nur Ausnahmefällen – bei Unfällen, schweren Verletzungen, Bewusstlosigkeit und lebensbedrohlichem Allgemeinzustand – kann übrigens auf die Aufklärung verzichtet werden.

Wichtig zu wissen: Grundsätzlich entscheidet der Patient  - und nicht der Arzt – ob eine Behandlung stattfindet oder nicht. Jeder Kranke kann eine ärztlich vorgeschlagene und medzinisch notwendige Behandlung auch ablehnen.  Die Einwilligung in eine Untersuchung oder Therapie ist aber nur dann rechtskräftig, wenn zuvor eine umfassende Aufklärung stattgefunden hat.

Der Arzt muss – auch darauf weist der Ratgeber explizit hin – das Aufklärungsgespräch und sämtliche Diagnosen und Befunde in der Patientenakte, die zehn Jahre aufbewahrt werden muss,  dokumentieren. Jeder Patient kann seine Behandlungsakte jederzeit einsehen und darf vom Arzt eine Kopie verlangen (die Kosten sind zu erstatten). Die Einsicht in die Patientenakte darf nur in wenigen Ausnahmefällen – z.B. bei Selbstmordgefahr – verweigert werden.

Das zweite Kapitel des Ratgebers befasst sich mit den Rechten von Patienten, die aus der Mitgliedschaft in einer gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung erwachsen. So wird klar, dass gesetzlich Versicherte nur Anspruch auf eine wirtschaftliche, ausreichende, notwendige und zweckmäßige Behandlung haben.  Ganz gleich, ob gesetzlich oder privat versichert: Patienten können ihren Arzt grundsätzlich frei wählen, wobei gesetzlich Versicherte nur zwischen sogenannten Vertragsärzten auswählen können. Eine Behandlung bei Ärzten, die ausschließlich privatärztlich tätig sind, wird von den Krankenkassen nicht übernommen.  Gleiches gilt für die Wahl des Krankenhauses.

Ausführlich geht die Broschüre auch auf die im Patientenrechtegesetz neu geregelten Vorschriften für die Genehmigung von Leistungen durch die Krankenkassen ein.  Hierzu zählen z.B. Kuren, Zahnersatz, eine psychotherapeutische Behandlung, Hilfsmittel wie Rollstühle, Rollatoren, Krankenbetten.  Die Krankenkasse hat jetzt nur noch drei Wochen Zeit, übersolche Anträge zu entscheiden. Ist ein Gutachten des Medizinischen Dienstes erforderlich, verlängert sich die Frist auf fünf Wochen, bei zahnärztlichen Gutachten auf sechs Wochen. Hat die Krankenkasse über einen Antrag nicht binnen dieser Fristen entschieden, gilt die Leistung als genehmigt.

Im abschließenden dritten Kapitel geht es um die Rechte von Patienten bei Behandlungsfehlern. Der Ratgeber gibt einen Überblick über die verschiedenen Arten von „Kunstfehlern“ – angefangen vom Aufklärungsfehler, über eine falsche Diagnose oder Therapie  oder Fehler im Anschluss an die eigentliche Behandlung bis hin zu Verstößen gegen Hygienestandards oder sogenannte Organisationsfehler (z.B. mangelhafte Abstimmung zwischen Fachabteilungen, Einsatz nicht genügend qualifizierten Personals).

Um zu prüfen, ob ein Anspruch auf Schadensersatz gegeben ist, empfehlen die Rechtsexperten, in jedem Fall eine medizinrechtliche Beratung aufzusuchen und ein kostenfreies Gutachten vom medizinischen Dienst der Krankenkassen erstellen zu lassen.  Der Ratgeber gibt dann auch wichtige Hinweise zur Beweissicherung und Beweisführung und zu den Zuständigkeiten der unterschiedlichen Gerichte. Um erfolgreich Schadensersatz geltend zu machen, sind  grundsätzlich das Vorliegen eines Behandlungs-fehlers, eine Verletzung von Körper oder Gesundheit und ein Zusammenhang zwischen dem Fehler und der eingetretenen Verletzung nachzuweisen. In jeden brauchen Patienten aber Geduld und fachliche Unterstützung, um einen Behandlungsfehler nachzuweisen und Schadenersatz bei Gericht zu erstreiten.

Im  Serviceteil des Ratgebers findet sich dann eine Übersicht über die unterschiedlichen Rechtsquellen sowie ein umfangreiches Adressenverzeichnis.  Der Ratgeber steht auf der Homepage der Allianz gegen Brustkrebs unter „Download“ zur Verfügung. (akk)